Neuss In Wagen 17 ist die Zeit stehengeblieben

Neuss · Bei der Rheinbahn in Düsseldorf steht ein Straßenbahn-Triebwagen der Stadtwerke Neuss aus längst vergangenen Zeiten.

 Seit seiner Kindheit ist "Hobby-Rheinbahner" Frank Becker (44) Schienenromantiker. Schon sein Ur-Großvater war Straßenbahn-Fahrer.

Seit seiner Kindheit ist "Hobby-Rheinbahner" Frank Becker (44) Schienenromantiker. Schon sein Ur-Großvater war Straßenbahn-Fahrer.

Foto: Woitschützke

Immer wenn es Frank Becker durchschüttelt und das klapprige Fahrgestell so laut poltert, dass es ihm schwerfällt, sein eigenes Wort zu verstehen, dann schlägt das Herz des 44-Jährigen höher. "Seit meiner Kindheit interessiere ich mich schon für Straßenbahnen", sagt der Düsseldorfer. Schon sein Ur-Großvater war Straßenbahn-Fahrer, sein Onkel Werksmeister bei der Rheinbahn. "Meine Ur-Oma hat immer davon erzählt und ist häufig mit mir gefahren, so wuchs in mir die Begeisterung", sagt Becker, der in Dormagen bei einem Sanitär- und Heizungsgroßhandel tätig ist.

In seiner Freizeit ist er jedoch leidenschaftlicher Schienenromantiker - und "Hobby-Rheinbahner", wie er sagt. Wenn sein Zeitplan es zulässt, das ist meistens am Wochenende der Fall, holt er die dunkelblaue Uniform mit den großen silbernen Knöpfen aus dem Schrank und fährt in einer wahren Rarität über die Gleise der Region - einem Triebwagen aus dem Jahr 1926. Das beige Fahrzeug mit der Nummer 17 und den sehenswerten Holzbänken stammt von der Straßenbahn Neuss und ist ein sogenannter Aufbauwagen. Im Zweiten Weltkrieg war er von unzähligen Kugeln "durchsiebt" worden. 1948 wurde die 17 sozusagen wieder "zum Leben erweckt", als ein neuer Wagenkasten auf ein erhaltenes Fahrgestell aufgesetzt wurde.

Nach der Stilllegung der Neusser Straßenbahn im Jahr 1971 gelangte das Fahrzeug in das Straßenbahnmuseum Sehnde-Wehmingen bei Hannover. Von dort aus wurde es 1996 durch die Stadt Neuss zurückgekauft, um ihn als Pendelwagen auf der Innenstadtstrecke einzusetzen. Dazu ist es zwar nicht gekommen, dennoch gehört der "TW 17" seit August 1998 zu den betriebsfähigen Oldtimern in Düsseldorf. Zuvor musste er jedoch in gemeinsamer Anstrengung von Rheinbahn, "Linie D" und Privatpersonen aufwendig saniert werden. "Der Wagen hat sehr lange draußen gestanden und hatte noch nicht einmal Fensterscheiben", erinnert sich Becker.

Regelmäßig organisieren Rheinbahn und die Ehrenamtler des Vereins "Linie D", in dem Becker Mitglied ist, historische Oldtimer-Fahrten durch die Region - auch durch den Rhein-Kreis Neuss. Die Wagen können zudem individuell für private Rundfahrten gemietet werden. Eine Herzensangelegenheit für Becker, der nach 20 Jahren als Zugbegleiter gemeinsam mit elf Vereinskollegen eine Fahr-Ausbildung absolvierte. "Die Rheinbahn ist auf uns zugekommen. Falls Personalmangel herrschen sollte, können wir auch die neuen Wagen fahren", sagt der 44-Jährige.

In den modernen "Silberpfeilen", die per "Joystick" gesteuert werden, ist es aber nicht dasselbe. Denn in den alten Straßenbahnen ist noch richtiger Körpereinsatz gefragt. So dosiert der Fahrer mit der linken Hand noch selbst die direkte Stromzufuhr für den Motor in mehreren Stufen. Eine Angelegenheit, die Fingerspitzengefühl erfordert.

Sollte Becker auch unter der Woche mal Sehnsucht haben nach ein wenig Schienenromantik, dann ist vorgesorgt - schließlich ist der Düsseldorfer in Besitz einer zwei Meter langen und einen Meter breiten Modelleisenbahn.

(NGZ)
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