Neuss iPads und Andachtsbilder im Feld-Haus

Neuss · Die Dependance des Clemens-Sels-Museum auf der Raketenstation wird morgen wiedereröffnet.

 Ulf Sölter, stellvertretender Leiter des Clemens-Sels-Museum, ist für das Feld-Haus zuständig und hat die Ausstellung kuratiert.

Ulf Sölter, stellvertretender Leiter des Clemens-Sels-Museum, ist für das Feld-Haus zuständig und hat die Ausstellung kuratiert.

Foto: Andreas Woitschützke

Der Verzicht auf jedwede Beschriftungstafel an der Kunst im gesamten Kulturraum Hombroich dürfte den Team des Clemens-Sels-Museum ein Dorn im Auge gewesen sein. Seit 2010 betreibt das Neusser Haus auf der Raketenstation mit dem von Per Kirkeby entworfenen Feld-Haus für Populäre Druckgrafik eine Dependance, muss sich aber in seinen Ausstellungen dort an das Hombroich-Prinzip halten, keine Schrifttafeln anzubringen.

Zumindest für die eine Hälfte des Feld-Hauses gibt es jetzt eine Lösung. Vier Medienstationen mit iPads liefern per Fingerwischen Informationen zu jenen Bildern, die auf Wunsch der 2010 gestorbenen Stifterin Irmgard Feldhaus in einer "Petersburger Hängung" den größten Teil der noch von ihr konzipierten Dauerausstellung ausmachen. Der vor wenigen Monaten nach langer Krankheit gestorbene stellvertretende Museumsleiter Thomas Ludewig, der auch für das Feld-Haus zuständig war, hatte das Projekt noch angestoßen, der LVR hat es mitfinanziert. Die unaufdringliche Technik passt ins Feld-Haus - ebenso wie die ruhige Wechselausstellung, mit der Ludewig-Nachfolger Ulf Sölter seinen Einstand als Kurator gibt.

Zur Wiedereröffnung des Feld-Hauses, das dem Haupthaus während der eineinhalb Jahre dauernden Sanierungsphase als Depot diente und geschlossen war, hat er aus dem Bestand Blätter ausgewählt, die aus der Produktion der Berliner "Kunstverlagshandlung und Lithografischen Anstalt A. Felgner" stammen. Mehr als 100 Blätter nur von Felgner hat er unter den insgesamt 5000 Exponaten im Bestand der Druckgrafik gefunden - die Berliner müssen zu ihrer Zeit im 19. Jahrhundert einer der großen Verlage gewesen sein.

Allerdings sei wenig über den Verlag an sich erhalten, sagt Sölter. An den ausgestellten Exponaten aber kann er die Entwicklung zumindest in der Produktion aufzeigen. Die ersten Lithos - zumeist Heiligen- und Andachtsbilder - waren schlichte Arbeiten auf Papier. Mit zunehmender Verbreitung und für höhere Ansprüche des Kleinbürgerturms wurden sie aufwendiger gestaltet. Da bekommt Jesus einen schwarzen Rahmen mit goldenen Eck-Ornamenten, wird sein Gewand nachkoloriert, sein Name in goldenen Lettern aufs Papier gestempelt. Alles in Handarbeit - und sicher auch in schlecht bezahlter Heimarbeit, wie Sölter erklärt.

Das macht allerdings jedes Blatt auch zum Unikat. Beim Sichten habe er versucht, zwei gleichgestaltete Blätter zu finden, sagt er, "aber es ist mir nicht gelungen". So faszinieren die heute oft überladenen und kitschig-süßlichen Motive aus der Bibel vor allem in ihren Details: Applizierte Girlanden oder Gegenstände machen manches Blatt zu einem dreidimensionalen Bild.

Info Berger Weg, Eröffnung morgen um 11.30 Uhr, bis 17 Uhr Eintritt frei, Video gibt es auf www.ngz-online.de

(hbm)
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