Neuss Jazz-Reihe ist Spielwiese für Projekte

Neuss · Der Flyer für das Konzertprogramm "Blue in Green" in der Alten Post wurde überarbeitet. Vor allem bietet er nur noch einen Überblick über ein halbes Jahr. Philipp van Endert und Hans Ennen-Köffers wollen mehr Flexibilität.

11.000 Besucher in den bisherigen zehn Spielzeiten, seit 2013 konstant um die 2000 pro Jahr - an die manchmal mickrige Resonanz auf die anfänglichen Konzerte, die Philipp van Endert und Hans Ennen-Köffers um die Finanzierung der Musikreihe "Blue in Green" bangen ließ, erinnern diese Zahlen gewiss nicht. Und so verkünden der Jazzgitarrist und künstlerische Chef van Endert und der Leiter des Veranstaltungsortes Alte Post Ennen-Köffers gut gelaunt, dass 40 Besucher pro Konzert schon die untere Grenze markieren.

Die dürften locker auch in den Konzerten der elften Saison zusammenkommen. Denn Philipp van Endert, der als gefragter Gitarrist bestens in der Jazzszene vernetzt ist, kann weder über einen Mangel an Anfragen von Musikern klagen noch fehlt es ihm selbst am Blick für die Besonderheiten seiner Branche. Er schaut er sich nicht nur um, sondern hört auch gut zu, wenn Kollegen von neuen Projekten erzählen. Denn von diesen lebt die Jazzszene.

"Milt Jackson Project" heißt eines, das am kommenden Mittwoch den Jahresauftakt der Reihe und eine Schwäche von van Endert markiert: "Ich habe einen Hang zu Vibraphonisten", sagt er lachend. Matthias Strucken ist einer, er hat das Projekt aus der Taufe gehoben - eine Art Hommage an Milt Jackson, Gründer des legendären Modern Jazz Quartetts, "mit ein bisschen Oldschool-Jazz, der von dem Quartett auch mit Soli in die Neuzeit transferiert wird", wie van Endert die Richtung charakterisiert.

Im März kommt ein guter Bekannter der Reihe: Sebastian Gahler, der zudem einen besonderen Gast hat: den Saxophonisten Wolfgang Engstfeld. Gahler und van Endert verbindet "ein guter Draht" allein schon durch die gemeinsame Arbeit im Jazzensemble Düsseldorf (JED): "Ein junges Trio und ein Urgestein des Jazz - das wird spannend", sagt der 47-Jährige.

Für das Konzert im April hat er einen Kollegen gewonnen, den er schon länger haben will: Gitarrist Philipp Brämswig. Zu dessen Quartett gehört Saxophonist Stefan Karl Schmid - auch eines von diesen Projekten, die erst die Verpflichtung für Neuss möglich machte, denn Brämswigs eigenes Trio war für den Termin nicht unter einen Hut zu bekommen.

Mit dem Gastspiel des Stephan Mattner String Project landet van Endert im Mai einen kleinen Coup. Nicht nur, weil er selbst dabei auf der Bühne steht, sondern weil es Streicher und Jazzer zusammenbringt. "Ich habe ja auch schon mit der Deutschen Kammerakademie gespielt", sagt der Gitarrist, "aber das ist ein großer Klangkörper, während bei dem Projekt nun ein Streichquartett beteiligt ist." Da ginge es sehr viel genauer zu, sagt er lachend: "Ich lerne ungeheuer viel."

Mit einem Doppelkonzert, das zwei Duos präsentiert, geht die erste Halbzeit der Jazzreihe im Juni zu Ende. Ein guter Freund von van Endert, der Bassist André Nendza, hat sich mit der Sängerin Inga Lühning zusammengetan, und beide wagen in ihrem Konzert die Verbindung von Popmusik und Jazz. Dagegen steht Filippa Gojo, die zusammen mit Bläser Sven Decker auf der Bühne steht, für den experimentellen Umgang mit der eigenen Stimme: "Sie nimmt auch schon mal ein kleines Megaphon vor den Mund."

Dass die Übersicht über das Programm Mitte des Jahres endet, ist der neuen Gestaltung des Flyers geschuldet. Zwar stehen auch weitere Konzerttermine schon fest, aber van Endert und Ennen-Köffers reagieren damit auf Erfahrungen mit Zuschauern. "Das Ganzjahresprogramm nutzt sich ab", sagt Ennen-Köffers, außerdem hätten sie so mehr Freiheit, Termine zu ändern oder noch aufzunehmen.

Auch der Mittwoch als Konzerttag ist nicht mehr zementiert, was den Musikern entgegenkommt, sagt van Endert. Und das Abo-Angebot wird fallengelassen: "Es gab kaum Nachfragen." Dagegen ist die Idee einer Masterclass in Kooperation mit der Musikschule nicht vom Tisch - wenn denn der neue Chef (die Gespräche laufen noch) als Nachfolger von Reinhard Knoll es will.

(hbm)
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