Neuss Jede Choreographie ist kraftvoll und elegant

Neuss · Ailey II, die zweite Generation der legendären Tanzgruppe aus New York, bei den Tanzwochen.

 Szene aus "Something Tangible von Ray Mercer für Ailey II.

Szene aus "Something Tangible von Ray Mercer für Ailey II.

Foto: E. Patino

Eine Compagnie wie eine Urgewalt. Sie fegte durch die ausverkaufte Stadthalle, sie brodelte und entzündete ein Feuer, wie man es nur selten erlebt. "Ailey II, The Next Generation of Dance" war zu Gast bei den Internationalen Tanzwochen. Zwölf Tänzer, vier höchst unterschiedliche Stücke.

Kontraste auch bei der Musik: "Circular", die furiose Choreographie des gebürtigen Koreaners Jae Man Joe, beginnt verhalten mit einzeln angeschlagenen Tönen auf dem Klavier. Werke für Cello und Piano von Lento und ein Rezitativ von Edison Demisov werden mit dem herrlichen "Lascia Ch´io Pianga" aus Händels Oper "Rinaldo" verknüpft. Die Tänzer sind eingebunden in ein suggestives Spiel aus Licht und Schatten. Manchmal werden nur ihre Oberkörper angestrahlt, und manchmal kann man sie eher ahnen als sehen. Der ganze Kosmos menschlicher Emotionen wird mit spannungsreichen Elementen aus klassischem und modernem Tanz ausgeschöpft.

"Meika", choreografiert von der Französin Laila Da Rocha, ist ein flammender Pas de deux zweier Tänzerinnen. In orangefarbenen Flatterkleidern irrlichtern sie über die Bühne, verstricken sich in bunten Tüchern, befreien sich wieder daraus. Die permanenten gegenläufigen Bewegungen von Drücken und Ziehen als Friedensbotschaft und als Aufschrei gegen Barbarei und Gewalt - 13 Minuten pure Energie.

Kann es jetzt noch eine Steigerung geben? Ja, denn es folgt das mit 14 Minuten ebenfalls sehr kurze Stück "The Hunt". Jagdszenen aus Afrika, archaisch, wild und wuchtig. Sechs Tänzer in weiten Röcken messen sich aneinander, bereiten sich wie Gladiatoren auf den Kampf um Sieg und Unterwerfung vor. Eine Art Stammestanz mit Raum greifenden Schritten und irrwitzig hohen Sprüngen, beflügelt durch die sich immer eindringlicher steigernden Trommelrhythmen der Gruppe Les Tambours de Bronx. Gebannt und atemlos verfolgt das Publikum die rasante Choreographie von Robert Battle, bevor es nach der Pause mit "Something Tangible" in die letzte Runde geht. Jetzt tritt wieder die geschlossene Kompanie an, kraftvoll und elegant zugleich. Feinsinnige Überblendungen zwischen den Szenen hinterlassen starke visuelle Eindrücke. Beim Finale trumpfen die Tänzer noch einmal auf, springen vom Spagat ruckzuck in den Stand und wieder retour. Dann wird es hell im Saal: klatschen, trampeln, "standing Ovations".

Ailey II ist die zweite Generation der legendären Tanzgruppe aus New York. Alvin Ailey (1931-1989) gründete 1958 sein "Alvin Ailey American Dance Theatre" und prägte gemeinsam mit der Choreografin Martha Graham eine neue Ästhetik des Balletts. Den Tanzwochen bescherte die daraus erwachsene Junior-Company einen weiteren Glanzpunkt. Zwei Veranstaltungen folgen noch: Les Ballets Jazz de Montreal am 12. Februar und die Londoner Richard Alston Dance Company am 29. März.

(NGZ)
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