Neuss/Wiesbaden Jugendstil-Sammlung geht nach Wiesbaden

Neuss/Wiesbaden · Fast genau ein Jahr nach der Ablehnung des Stadtrates, eine private Jugendstil-Sammlung für Neuss zu sichern, hat sie den Besitzer gewechselt. Am Mittwoch wurde in Wiesbaden der Schenkungsvertrag zwischen dem Land Hessen und dem Sammler unterschrieben.

"Das ist ein sehr glücklicher Tag für mich", sagte der Sammler Ferdinand Wolfgang Neess am Mittwoch bei der öffentlichen Unterzeichnung des Vertrages im Museum Wiesbaden, das zu den Landesmuseen Hessens gehört. Daher hatte es sich auch Kultusminister Boris Rhein nicht nehmen lassen, die Schenkung vorzustellen.

570 Exponate gehen ins Wiesbadener Museum. Direktor Alexander Klar macht dafür einen Flügel frei, räumt die Kunst eines Maria Merz ebenso wie von Joseph Beuys und Gemälde Alter Meister weg. 1200 Quadratmeter werden freigemacht, um die Sammlung in einem zimmerähnlichen Ambiente auszustellen.

Wann das sein wird, ist noch nicht klar. "Ich hoffe, so bald wie möglich", sagte Neess, dem ein bisschen wehmütig ist bei dem Gedanken, dass er sich zu Hause nun "auf einen Stuhl setzt, der mir gar nicht mehr gehört". Aber er ist auch sichtbar erleichtert, dass die Verhandlungen mit dem Museum und dem Land Hessen "so voller Offenheit, Zügigkeit und großer Bereitschaft", wie in Wiesbaden alle betonten, möglich waren.

In seiner kurzen Ansprache betonte Neess ebenso wie seine Frau Danielle die enge Verbundenheit mit der hessischen Landeshauptstadt, schließlich wohnt er schon seit 30 Jahren dort. Dass Neuss schon mal kurz davor war, seine Sammlung zu bekommen, erwähnte er öffentlich nicht. Nur im Gespräch mit der NGZ, bei dem er zugab, wie enttäuscht er nach der Ablehnung war: "Neuss ist schließlich unsere Familienstadt", sagte er, "aber leider hat man mich aus ihren Mauern hinausgetrieben."

Gleichwohl ist der 88-Jährige nun glücklich, dass seine Sammlung ihn in ihrer Geschlossenheit überleben wird. Über viele Jahre hat Neess, der auch als Kunsthändler gearbeitet hat, mit großem Sachverstand und viel Herzblut exquisite Gemälde, Möbel, Glas, Keramik, Silber und Leuchten zusammengetragen. 80 Gemälde, etwa 100 Möbel, 30 Skulpturen und eine große Anzahl von Leuchten und Glasgefäßen geht nun in den Besitz des Museums Wiesbaden über. Dessen Chef freut sich: "Die Sammlung passt wie wenige andere zu uns", sagte Klar gestern, "sie wird die Krönung der Sammlung mit den Alten Meistern sein."

Rund 500.000 Euro muss er für die notwendigen Umbauten in die Hand nehmen. Das Land Hessen hält sich jedoch aus der Finanzierung raus: "Es war klar, dass es das Land nichts kosten darf", sagte Klar und ist im Übrigen zuversichtlich, das Geld über Drittmittel zusammenzubekommen. Den Wert der Sammlung bezifferte er auf 42 Millionen Euro.

Mit der Vertragsunterzeichnung sind endgültig alle Bemühungen in Neuss gescheitert, die Jugendstil-Sammlung doch noch in die Stadt zu holen. Es gab noch Neusser, die nicht aufgeben wollten und andere Standorte ins Spiel gebracht haben — bis hin zur Raketenstation.

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