Neuss Jung, männlich, klassisch

Neuss · Die neue Saison der Zeughauskonzerte wird von männlichen Ensembles dominiert. Sie eint vor allem das Alter - keiner ist älter als 35 Jahre - und der Status, in jungen Jahren schon sehr erfolgreich zu sein. Die Saison beginnt am 25. September.

Die neue Saison der Zeughauskonzerte
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Die neue Saison der Zeughauskonzerte

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Mit 68 Jahren ist die Reihe der Zeughauskonzerte im besten Rentenalter. Und auch wenn Programmmacher Rainer Wiertz, Kulturreferent der Stadt, nicht leugnen kann, dass sich das auch vom Gros des Publikums sagen lässt, will er nicht nachlassen in dem Bemühen, Konzerte zu organisieren, die auch ein jüngeres Publikum ansprechen. Für die neue Saison hat er vor allem junge Ensembles verpflichtet und hofft darauf, dass diese auch ein junges Publikum anziehen.

Kaum ein Musiker ist älter als 35 Jahre, aber jeder hat schon viel Erfahrung gesammelt und gilt entweder als bereits angekommen oder als "Rising Star". Dass sie aus aller Herren Ländern stammen, die Reihe dadurch international machen, ist indes schon fast normal.

Manches Ensemble ist auch alles zusammen. Wie etwa das Trio Bouchkov Boisseau Soltani, das seinen Namen von Rainer Wiertz verpasst bekam. Denn die drei jungen Streicher mit den Vornamen Marc, Adrien und Kian sind schon solistisch unterwegs oder Mitglied in einem arrivierten Ensemble, aber als Trio noch recht neu. "Testosteron pur", sagt Wiertz lachend über die drei Streicher, "sie tun sich gelegentlich zusammentun und brauchten dafür einen Namen." Ihr Programm: Werke von Schubert, Beethoven, Zimmermann und Dohnány.

Zu den jungen Senkrechtstartern der Szene gehört zweifellos das Vision String Quartet. Es spielt im Stehen (bis auf den Cellisten) und dazu noch auswendig: "Das findet man nur ganz selten", sagt Wiertz begeistert. Die Musiker - wie Bouchkov Boisseau Soltani sind sie allesamt Anfang der 1990er Jahre geboren - geben mit Werken von Schubert und Debussy zudem ihr Debüt im Zeughaus.

Barockmusik darf im Repertoire der Zeughauskonzerte nicht fehlen, sagt Wiertz und präsentiert das Ensemble Nevermind. Vier Musiker um die 30, die derzeit durch Europa mit dem Schwerpunkt auf Telemanns "Neue Pariser Quartette" touren. Natürlich stehen sie auch im Zeughaus auf dem Programm. Wie die Franzosen von Nevermind haben sich auch die koreanischen Streicher des Novus String Quartet für einen englischen Namen entschieden. "Anstrengend, aber lohnend" kommentiert Wiertz deren Entscheidung für 40 Minuten Arnold Schönberg - was aber mit Beethovens Streichquartett etwas abgemildert wird.

"Der besondere Abend" der Reihe stellt dieses Mal das Saxophon in den Mittelpunkt und die russisch-amerikanische Freundschaft. Das bringt dann Komponisten wie Mussorgsky und Rimski-Korsakow mit Barber und Gershwin zusammen, die Musiker sind ein Pianist (Michael Lifts) und vier Saxophonisten (Signum Saxophone Quartet).

Zwei Klavierabende (Till Fellner und Gilles Vonsattel), ein Jungmeisterkonzert mit Schülern der Klavierklasse von Barbara Szczepanska an der Robert-Schumann-Hochschule sowie das Weihnachtskonzert mit dem Chorwerk Ruhr (und Sopranistin Dorothee Mields) gehören ebenfalls zum neuen Saisonprogramm. Den Abschluss im April 2018 gestaltet das Quatuor Modigliani, das mit Pianist Matan Porat kommt. "Die vier Streicher sind nett", sagt Wiertz amüsiert, "sie beschäftigen Porat gleich zwei Mal und nicht wie sonst üblich nur ein Mal."

Beim Blick auch die Namen der eingeladenen Musiker fällt dennoch eines auf: Jung und erfolgreich scheint in der Klassik vor allem auf Männer zuzutreffen. Wiertz schaut darob ein bisschen hilflos, betont aber, dass er sich nicht die Genderfrage bei der Zusammenstellung des Programms stellt: "Nur die Frage nach Qualität."

(hbm)
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