Neuss Kommunikation in Kriegszeiten

Neuss · Der Grimlinghausener Historiker Johannes Schmitz hat anhand von Feldpostkarten das Leben und Leiden des jungen Theodor Meuter rekonstruiert. Der Soldat aus Grimlinghausen berichtete darin über den Ersten Weltkrieg.

 Auf der Karte von 1915, Westfront, ist der Grimlinghausener Soldat Theodor Meuter, rechts mit der Flasche in der Hand, zu sehen.

Auf der Karte von 1915, Westfront, ist der Grimlinghausener Soldat Theodor Meuter, rechts mit der Flasche in der Hand, zu sehen.

Foto: Berns, Lothar (lber)

Als Theodor Meuter aus Grimlinghausen starb, war er gerade 17 Jahre alt. Im Oktober 1915 erlag er seinen Verletzungen - einer von rund zehn Millionen Soldaten, die im Ersten Weltkrieg ihr Leben ließen.

"Er war ein Junge aus einfachen Verhältnissen, Sohn der Eheleute Konrad Meuter und Christine Tappertzhofen. Mit seinen Eltern, seinen sechs Schwestern und drei Brüdern wohnte er 'Am Römerlager' im Unterdorf", erzählt Johannes Schmitz. Der Historiker aus Grimlinghausen hat das kurze Leben des jungen Mannes rekonstruiert. Anhand von Feldpostkarten, die Theodor Meuters Nichte ihm überlassen hat, sammelte er biografische Informationen. "Die Dame ist inzwischen weit über 80 Jahre alt. Ihre Mutter hatte die Postkarten aufbewahrt. Sie wusste den Nachlass bei mir in guten Händen", sagt Schmitz.

Die verblichenen, schwarz-weißen Ansichtskarten zeigen Theodor Meuter mit seinem Kameraden an verschiedenen Schauplätzen. "Es gab damals Militärfotografen, die die Truppen begleiteten. Die Soldaten konnten die Aufnahmen kaufen und als Postkarten verschicken. Sie waren ihr einziger Kontakt zur Heimat. Insgesamt sind allein auf deutscher Seite im Ersten Weltkrieg rund 28 Millionen Postsendungen befördert worden. Das war damals so etwas wie WhatsApp heute", sagt der Historiker.

 "Die lustige Stube 16" ist dieses Foto betitelt, zu der Theodor Meuter (2. v. rechts) gehörte.

"Die lustige Stube 16" ist dieses Foto betitelt, zu der Theodor Meuter (2. v. rechts) gehörte.

Foto: Lothar Berns

Die früheste Postkarte von Theodor Meuter zeigt einen jungen Mann mit Schnauzbart inmitten seiner Stubenkameraden. "Sie stammt aus dem Jahr 1911. Theodor leistete seinen Grundwehrdienst in Aachen ab", erläutert Schmitz. Adressiert ist die Karte an Meuters Freund Konrad Busch. In wenigen mit Bleistift geschriebenen Zeilen lässt ihn der junge Mann wissen, dass es ihm gut gehe. "Soldat sein ist schön. Zuhause ist es aber viel schöner", schreibt er in ordentlicher Sütterlinschrift.

Zwei Jahre später kam Theodor Meuter zurück nach Hause. Aber gleich zu Beginn des Kriegs wurde der Heranwachsende eingezogen und als Infanterist an der Westfront verletzt. Aus dem Reservelazarett in Neuss schickte er im Oktober 1914 eine Karte, die ihn mit Stock im Kreise verletzter Kameraden zeigt. "Schon Anfang 1915 war er wieder im Einsatz. Er schrieb seinen Eltern vom Truppenübungsplatz Elsenborn in der Eifel und bat sie, ihm Geld zu schicken", sagt Schmitz.

 Mit dieser Totenkarte (r.) wurde der gefallene Theodor Meuter geehrt.

Mit dieser Totenkarte (r.) wurde der gefallene Theodor Meuter geehrt.

Foto: Berns, Lothar (lber)

Wenige Monate später kämpfte Theodor Meuter wieder an der Front und schickt von dort eine Karte "zur Erinnerung an den Feldzug 1914/15". Seiner Schwester schreibt er wenig später aus den Argonnen: "Hoffentlich auf ein Wiedersehen, so Gott will." Die Vorderseite zeigt den jungen Mann mit Kameraden vor einer Hausruine. "Die Argonnen waren Teil der grausamen Schlacht von Verdun. Darauf ging der Schreiber aber nicht ein. In der Regel waren die Soldaten nicht in der Lage, die schrecklichen Eindrücke in Worte zu fassen", erklärt Schmitz.

Theodor Meuter wurde wieder verletzt. Seine letzte Karte schrieb er im September 1915 aus dem Feldlazerett an seine Eltern. "Ich komme wahrscheinlich hier fort." Schon einen Monat später war der 17-Jährige tot.

"Seine Karten bilden zwar nicht die gesamte Wirklichkeit des Kriegs ab, sind aber ein wichtiges Zeugnis. Sie geben einen Einblick in das Empfinden und Erleben des Schreibers", sagt Historiker Schmitz. Die Geschichte des Soldaten Meuter will er nun dem Kreisjahrbuch anbieten. "Theodor Meuter steht beispielhaft für mehr als vierzig Grimlinghausener, die aus dem Ersten Weltkrieg nicht zurückkehrten", sagt Schmitz.

(NGZ)
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