Neuss Krönender Abschluss des Globe-Festivals

Neuss · Mit den Vorstellungen der Mountview Productions unter Stephen Jameson geht heute das 25. Shakespeare-Festival zu Ende. Seine Inszenierung der Komödie "Love's Labour's Lost" überzeugt in jeder Hinsicht.

 Es findet sich, wer sich finden soll: die Prinzessin von Frankreich (2.v.l.) und der König von Navarra (r.).

Es findet sich, wer sich finden soll: die Prinzessin von Frankreich (2.v.l.) und der König von Navarra (r.).

Foto: Christoph Krey

Das Beste zum Schluss: Regisseur Stephen Jameson setzt mit seiner Inszenierung der Komödie "Love's Labour's Lost (Verlorene Liebesmüh) dem 25. Shakespeare-Festival die Krone auf. Sozusagen im Endspurt. Jameson hat das Geschehen ins 19. Jahrhundert und in die USA versetzt. Mitten unter sehr gut situierte Männer, die an einer Elite-Uni wie Harvard studieren, und junge Frauen gleichen Kalibers, die mindestens das Zeug für das Harvard-Pendant für Frauen, das Radcliffe College, haben. Wir schreiben das Jahr 1879 und befinden uns auf der Schwelle hinüber in eine Zeit, in der Frauen immer mehr Rechte zugebilligt werden. In den USA etwa wurde es Frauen in dem Jahr erlaubt, als Rechtsanwältinnen einen Fall vor dem Surpreme Court der USA, dem höchsten Gericht Amerikas, zu vertreten.

Juristinnen könnten auch die Prinzessin von Frankreich und ihre Freundinnen Rosaline, Maria und Katherine sein. Ihre Kleidung spricht für eine gute Herkunft, und sie sind selbstbewusst, wissen sich zu behaupten, sind schon ein Stück weiter als ihre männlichen Mitspieler, der König von Navarra und seine Freunde Dumaine, Berowne und Longaville, die eher wie zu groß geratene Chorknaben wirken. Diener Costard ist als Cowboy krasses Gegenstück zu der feinen Herrschaft, der Spanier Amado, der Costard die dralle Jaquenetta abspenstig machen will, ein herrlich selbstverliebter Schnösel.

Für jede Figur hat Jameson die passende Zeichnung gefunden, Spiel, Bühnenbild und Kostüme fügen sich zu einer Inszenierung aus einem Guss. Der Regisseur setzt auf kleine Gesten, lässt die Mimik sprechen. Sein Humor kracht nicht, er macht sich vielleicht ein bisschen lustig über die Figuren - aber mehr wie ein Loriot. So wirkt es gar nicht übertrieben, wenn der König und seine Freunde ihren Pakt, drei Jahre lang nur zu studieren, zu fasten und keine Frau anzuschauen, nicht nur unterschreiben, sondern mit ihrem Blut (echtes aus dem Daumen!) beglaubigen. Zumal da die 14 Schauspieler mit ihrem pointierten Spiel dem subtilen Humor ihres Chefs beredten Ausdruck verleihen.

In den rund zweieinhalb Stunden gibt es eine Fülle von Beispielen, die vom klugen Umgang Jamesons mit dem Stoff und seinem Vermögen, Neues zu entdecken, zeugen. Gekrönt wird das Ganze von der Musikauswahl. Songs aus Pop und Rock gehören dazu, sind jeweils eingebunden in eine Szene oder passgenau für die Figur ausgesucht. Der unglückliche Amado singt herrlich theatralisch tragisch "When a Man loves a Women" von Percy Sledge, die heimlich verliebten Männer um den König schmachten "Love hurts" von Nazareth und schmettern, als sie zu ihrer Liebe stehen, "I was made for loving you" von Kiss. Die selbstbewussten Frauen halten es mit Madonnas "Material Girl" und schleudern ihren Möchtegernlovern Carly Simons "Your're so vain" entgegen. Neu ist die Idee mit den modernen Songs sicher nicht (siehe Kenneth Branaghs Film von 2000), aber mit diesen wunderbaren Arrangements für ein so stimm- und spielsicheres Ensemble (übrigens live am Klavier begleitet) ein einziges großes Vergnügen!

(NGZ)
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