Neuss Künstlerin macht sich selbst zum Kunstobjekt

Neuss · Mit der Ausstellung "Die Künstlerin geht zur Arbeit" präsentiert sich im Kunstraum Neuss eine Studentin der Kunstakademie: Yixiao Cao.

 "Große Fahne" hat die aus China stammende Künstlerin Yixiao Cao ihre Installation aus Hemd und Hose im Kunstraum genannt.

"Große Fahne" hat die aus China stammende Künstlerin Yixiao Cao ihre Installation aus Hemd und Hose im Kunstraum genannt.

Foto: Andreas Woitschützke

Der ungewöhnliche Titel der Ausstellung erschließt sich erst, wenn man die Geschichte dazu kennt. "Die Künstlerin geht zur Arbeit" heißt die Schau, die aus dem Kunstraum Neuss mal wieder ein Forum für ganz junge Kunst macht. Nicht nur, weil mit der aus China stammenden Yixiao Cao ein Studentin der Kunstakademie (und Meisterschülerin von Marcel Odenbach) dort ein Forum bekommt, sondern auch weil mit Hannah Erber und Huoqi Wang zwei weitere Studentinnen (der Kunstgeschichte an der Heini-Uni) zeigen dürfen, dass sie kuratieren und vermarkten können.

Raum und Künstler mussten die beiden sich suchen. Wang kannte ihre Landsmännin, ihr Deutschlehrer den Neusser Kulturamtsleiter Harald Müller, und der wiederum verwies die beiden Studentinnen an den Träger- und Förderverein des Kunstraum. "Das passte", sagen dessen Vorsitzende Gerhild Faymonville und Ernst Heitmann, und so steht der Kunstraum in den nächsten zwei Wochen ganz im Zeichen grenzüberschreitender Kunst. Denn Cao mag sich nicht auf Bildhauerei, Malerei oder Videoarbeit beschränken lassen. Sie macht alles.

Ausgangspunkt ist ein Video, das eben auch den Titel der Ausstellung trägt. Denn Cao hat sich eine Kellneruniform angezogen, als Babysitterin gearbeitet, als Verkäuferin in einem Geschäft und sich dabei von einer Kamera begleiten lassen. Dokumentarisch wirkt dieser 40 Minuten lange Film, und das soll er auch. Denn er will das Stereotype eines Jobs betonen, im Bild wie auch im Ton, sozusagen den Menschen dabei entindividualisieren.

Yixiao Cao ist dabei Künstlerin und Kunstobjekt gleichzeitig. Ihre Arbeiten haben auch auf der Leinwand performativen Charakter, etwa, wenn sie auf einem großformatigen Bild ihren Kopf auf einen Kleiderhaufen der Mutter bettet oder für eine Bodenskulptur von ihrem Gesicht Gipsabdrücke macht und Exemplar für Exemplar verändert, indem sie immer mehr negiert, Mund und Augen abschleift. Das Gesicht wird immer maskenhafter, bis es nur noch in der Kontur an einen Menschen erinnert. Spannend ist das und auch befremdlich. Genauso wie Hemd und Hose, die an der Decke auf Kleiderbügeln hängen und einem Riesen gehören könnten. Sorgsam gearbeitet sind sie und stehen ebenfalls für das Uniformierte im menschlichen Dasein, in diesem Fall inspiriert von der Kellnerkleidung, die die Künstlerin in ihrem Video trägt.

"Große Fahne" heißt die Arbeit, wobei der Titel auch auf den kulturellen Hintergrund der Künstlerin verweist. Die (uniformierte) Kleidung lässt das Individuum im Kollektiv verschwinden - das ist nicht einfach nur das Statement einer Künstlerin. Denn Yixiao Cao durchleuchtet und bricht Daseinsbedingungen, findet höchst anschauliche Beispiele dafür.

(hbm)
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