Neuss Kunst aus Neuss: Quantität trifft Qualität

Neuss · Die 68. Jahresausstellung im Kulturforum Alte Post zeigt 200 Arbeiten von 44 Künstlern aus dem Rheinkreis. Das Spektrum umfasst alle nur erdenklichen Techniken und Stile. Die kontrastreiche Konfrontation ist Konzept.

 Mehr als 200 Werke sind im Kulturforum Alte Post bei der Ausstellung "Kunst aus Neuss" zu sehen. Etwa Birgit Verbeeks mobile-artiger Installation "Der Zeit begegnen".

Mehr als 200 Werke sind im Kulturforum Alte Post bei der Ausstellung "Kunst aus Neuss" zu sehen. Etwa Birgit Verbeeks mobile-artiger Installation "Der Zeit begegnen".

Foto: B. Steingiesser

Noch nie waren bei einer Ausstellung der "Kunst aus Neuss" im Kulturforum Alte Post so viele Werke zu sehen wie in diesem Jahr. Dass es diesmal mehr als 200 sind, hat vor allem zwei Gründe: Erstens arbeitet eine ganze Reihe der 44 beteiligten Künstler seriell und zeigt statt einer einzelnen Arbeit einen ganzen Zyklus, wie etwa Simone Klerx, Axel Naß, Johann Zambrynski oder David Zepter. Und zweitens gibt es zum ersten Mal Editionen, die in zwei kleinen Räumen links und rechts des Foyers präsentiert werden. Dort kann man Grafiken, Buch-Objekte und kleine Unikate zu Preisen von 20 bis 300 Euro erwerben. Ein Geheimtipp des Kurators Klaus Richter und eine günstige Gelegenheit für Besucher, den Grundstein zu einer eigenen Kunstsammlung zu legen.

Die Schau führt mehrere Generationen und die unterschiedlichsten Biografien unter einem Dach zusammen. Zu den 44 Ausstellenden zählt etwa der 25 Jahre alte Sprayer Sadam, der zum ersten Mal dabei ist, genauso wie der 90-jährige Maler Walter Urbach, der noch bei Ewald Mataré und Otto Pankok studierte und den Richter als "Neusser Urgestein" bezeichnet.

Das Spektrum der 200 Kunstobjekte umfasst alle nur erdenklichen Techniken und Stile. Es sind Gemälde und Zeichnungen, Skulpturen und Raum-Installationen, Collagen, Grafiken und Fotoarbeiten. Figuratives ist ebenso vertreten wie Abstraktes, altmeisterliche Eitempera-Malerei ebenso wie der innovative Computer-Ausdruck. "Wenn man so vieles geliefert bekommt, ist man im ersten Moment verzweifelt", gesteht Klaus Richter, der die Jahresausstellung bereits zum sechsten Mal kuratiert hat. "Doch irgendwann kommt der Augenblick, in dem ein Schalter umgelegt wird und sich alles in Bewegung setzt. Das war der Fall, als ein Künstler anmerkte, dass die Arbeiten eines Kollegen jedes Jahr an derselben Stelle hingen. Von da an bekam des Ganze eine eigene Dynamik."

Richter machte daraufhin die kontrastreiche Konfrontation zum Konzept und baute die Schau so auf, dass er das Ergebnis nun zu Recht als die "verrückteste und frischeste" seiner bisherigen Jahresausstellungen bezeichnen kann. So hat er die farbenfrohen Häkelobjekte von Maria Gilges neben einem todernsten fünfteiligen Ölgemälde von Reiner Clemens platziert.

Aber auch feinsinnige Korrespondenzen gibt es. Etwa zwischen der Reliefstruktur der Collagen von Annu Koistinen und der durch Fototechnik in die zweidimensionale Ebene gebrachten Räumlichkeit zerbrochener Eierschalen von "Broken Light", einer Arbeit der aktuellen Förderpreisträgerin Jennifer López Ayala. Motivische Dialoge entstehen durch die Hängung zwischen den Materialdrucken "Boote" von Axel Naß und Birgit Verbeeks mobile-artiger Installation "Der Zeit begegnen", deren baumelnde Schiffe die Unsicherheit mancher Flüchtlingstransporte anmahnen.

Bei Hans-Peter Menges von innen mit bunt changierenden Acrylfarbenstreifen bemalten Plexiglaswürfeln zeigen sich faszinierende Gitterstrukturen, die sich mit dem Betrachtungswinkel ändern. Auch im Aufbau der Schau spielt Transparenz eine große Rolle. Mit Podesten wurden unterschiedliche Ebenen und zugleich Räume geschaffen, die spannende Durchblicke ermöglichen. So gibt es beim Durchwandern der Ausstellung immer wieder Neues zu entdecken.

(NGZ)
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