Neuss Land sucht neuen Betreiber für die ZUE

Neuss · Die Neusser Sozialverbände fühlen sich durch einen Forderungskatalog des Landes vom Bieterwettbewerb ausgegrenzt. An ihrer Stelle haben ihre Landesverbände Angebote abgegeben. Entschieden wird Ende Oktober.

 Die Flüchtlinge in der neuen ZUE an der Strese-mannallee werden von der Firma "European Homecare" betreut. Noch.

Die Flüchtlinge in der neuen ZUE an der Strese-mannallee werden von der Firma "European Homecare" betreut. Noch.

Foto: Schmale-Architekten

Marc Dietrich hat den Ordner mit den Bewerbungsunterlagen längst weggeräumt. Frustriert, wie dem DRK-Geschäftsführer im Gespräch anzuhören ist, denn der Kreisverband des Roten Kreuzes fühlt sich im Bieterverfahren für die Betreuung der neuen Zentralen Unterbringungseinrichtung des Landes (ZUE) an der Stresemannallee schlicht abgehängt. "Die Maßstäbe wurden so gesetzt, dass sich kein Neusser Sozialverband hätte bewerben können", sagt Dietrich. Kein Platz für die Kleinen.

Schon im Januar hatten die Neusser Verbände - DRK, Malteser, Johanniter und Diakonie - offen Kritik an der Praxis der Bezirksregierung geübt. Sie hatten gehofft, sich für den Betrieb der Einrichtung, die im Februar tatsächlich an den Start gegangen ist, bewerben zu können. Doch der Auftrag ging an den Essener Sozialdienstleister "European Homecare", der seit Ende 2012 die Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen St.-Alexius-Krankenhaus betrieben hat und mit der Einrichtung in den Neubau umgezogen war. Doch jetzt ist Bewegung im Thema.

In einer zweiten Tranche nach 2016 hat das Land Ende März den Betrieb für einige seiner Landeseinrichtungen ausgeschrieben. Darunter ist auch die Neusser ZUE. "Derzeit befinden sich die Ausschreibungen in der Bewertungsphase", sagt Benjamin Hahn von der Bezirksregierung Arnsberg, der in Flüchtlingsfragen federführenden Behörde des Landes. Die Zuschläge würden frühestens am 30. Oktober erteilt, fügt er hinzu.

Davor stehen in einem nächsten Schritt die sogenannten Bietergespräche, erklärt Sebastian Schilgen, Geschäftsführer der Malteser-Werke in Köln. Diese 1989 für Betreuungsaufgaben gegründete überörtliche Malteser-Tochter zieht stellvertretend für die Stadtverbände ins Bieterrennen - so wie der DRK-Landesverband Nordrhein, der derzeit Einrichtungen für 9500 Flüchtlinge betreibt, für die DRK-Gliederungen. "Für uns ist das eine ganz wichtige Ausschreibung", sagt DRK-Sprecherin Stefanie Kutschker, die froh ist, "dass sich auch am Gemeinwohl orientierte Dienste beworben haben" - und nicht nur kommerzielle Dienstleister.

Den Ärger der Verbände vor Ort kann Schilgen verstehen, denn gerade die Stadt- und Kreisverbände hätten 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise mit großem - auch ehrenamtlichem Engagement - "Notunterkünfte aus dem Boden gestampft". Da sei es sicher frustrierend, wenn "andere Anbieter vorgezogen werden und man in Ausschreibungen ständig unterliegt". Allerdings findet er es gut, dass mit dieser Ausschreibung erstmals eine klare Leistungsbeschreibung veröffentlicht wurde, die auf Qualität der Betreuung abzielt. Die können große Akteure im Markt vielleicht besser gewährleisten.

Alleine hätte sich die Diakonie auch nicht beworben, stellt Vorstand Stephan Butt klar. Ihm ist wichtig, dass die Diakonie mit der Asylverfahrensberatung in der ZUE präsent ist. "Damit sind wir zufrieden", sagt er. Das DRK Neuss denkt weiter. Man werde dem neuen Betreiber anbieten, etwa mit Kursen des DRK-Familienbildungswerkes unterstützend tätig zu werden, sagt Geschäftsführer Dietrich. Er ist aber sicher: Anbieter wie "European Homecare" werden auf solche Offerten negativ reagieren.

(-nau)
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