Neuss Meister der "unsterblichen Eintagsfliege"

Neuss · Seit 30 Jahren setzt der Karikaturist Wilfried Küfen Neuss und die Neusser immer wieder neu und mit ganz eigenem Strich ins Szene. Sein bisheriges Werk hat er dem Stadtarchiv anvertraut, das ihn nun mit einer Ausstellung ehrt.

 Wilfried Küfen hat dem Stadtarchiv sein bisheriges Werk zur dauerhaften Sicherung überlassen.

Wilfried Küfen hat dem Stadtarchiv sein bisheriges Werk zur dauerhaften Sicherung überlassen.

Foto: Andreas Woitschützke

Was haben die mesopotamischen Bogenschützen, die als Hilfstruppen der römischen Legion einst im Lager Novaesium stationiert waren, und der Karikaturist Wilfried Küfen gemeinsam? Utz Peter Greis weiß es: "Sie reiten ihre bis zuletzt ahnungslosen Opfer schnell an und treffen sicher und mit spitzem Pfeil", sagte der Sprecher der "Rheinischen Humorverwaltung Düsseldorf". Er stellte Küfen, den Ur-Neusser, damit in eine uralte Tradition. War da nicht längst überfällig, dass dessen Werk auch ins Archiv kommt und Teil der Stadtgeschichte wird?

Genau das ist nun erfolgt. Exakt 30 Jahre nachdem der heute 63-Jährige anfing, die Neusser Politik und Gesellschaft mit, wie es Archivleiter Jens Metzdorf hervorhob, "freiheitlichem Geist, spitzer Feder und liebevollem Humor" zu begleiten und deren Tun zeichnerisch zu kommentieren, macht Küfen nun einen Schnitt. Er ist zwar ungebremst schaffensfroh, hat aber ein Großteil seines bisherigen Werkes, im Kern 1500 Karikaturen-Blätter, dem Stadtarchiv zur dauerhaften Sicherung anvertraut. Das bedankt sich nicht nur mit einer Sonderausstellung dieser, so Metzdorf, "unsterblichen Eintagsfliegen", sondern nimmt die Arbeiten auch als Bereicherung an. "Küfens Karikaturen sind archivreif", sagte er, weil sie als "reichhaltiger stadtgeschichtlicher Quellenfundus erhaltenswert sind".

In dem Punkt waren sich nicht nur Karikaturist und Archivar einig, sondern auch die 160 Gäste, die im Kulturkeller der Laudatio zur Ausstellungseröffnung zuhörten, oder von den Ausstellungsräumen live "zugeschaltet" waren. Das letzte Wort hatte der Künstler selbst: "Jetzt gucken wir mal, was wir gucken können", sagte Küfen knapp. Denn er drückt sich lieber mit Tusche und Stift aus.

"Küfen kommt leise daher, mit verhaltenen zeichnerischen Mitteln, ohne große Knalleffekte", fasste Greis dessen Stil zusammen. Der formte sich in Jahrzehnten aus. Er zeigte sich in Ansätzen, als der 1952 geborene Wilfried Küfen nach der Schule eine Ausbildung zum Schaufensterwerbegestalter beim (längst verschwundenen) Kaufhaus Rud. van Endert am Markt begann, und er schärfte sich im anschließenden Studium "Design/Visuelle Kommunikation" an der Fachhochschule Düsseldorf. Heute, so sagt Metzdorf überzeugt, ist Küfen als Zeichner für nahezu alle Themen des Alltags und der Neusser Gesellschaft ohne Konkurrenz. Das wissen nicht zuletzt die Leser der NGZ, denen Küfen Samstag für Samstag mit einer Karikatur seinen ganz speziellen Wochenrückblick vor Augen führt.

Dabei wagt sich Küfen, der seit 1988 als freiberuflicher Zeichner von seiner Kunst auch leben kann, auch und gerne an die "großen Tiere" heran. Zuletzt erlebte das niemand öfter als der Altbürgermeister Herbert Napp. Die Dokumentation zu dessen 17-jähriger Amtszeit, in der Schriftenreihe des Stadtarchivs unter dem Titel "Szenen einer rheinischen Regentschaft" gerade erschienen, ist voll von Küfens treffsicher festgehaltenen Beobachtungen. Ein Wunder? Nein, sagt Utz Peter Greis als Laudator für den vielfach preisgekrönten Zeichner. "Da kommt der mesopotamische Bogenschütze zum Vorschein."

(-nau)
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