Neuss Mit dem Smartphone im Kampf gegen Diabetes

Neuss · In einer Studie hat das Neusser "Profil Institut" versucht, die Bauchspeicheldrüse durch moderne Technik zu ersetzen.

 Waren Teil der Studie (v.l.): Ärztin Sibylle Dellweg, Thomas Martin, Technikchef Carsten Benesch, Johannes Müller und Prüfleiterin Sabine Arnolds.

Waren Teil der Studie (v.l.): Ärztin Sibylle Dellweg, Thomas Martin, Technikchef Carsten Benesch, Johannes Müller und Prüfleiterin Sabine Arnolds.

Foto: Berns

An das Leben ohne Diabetes kann sich Thomas Martin nicht mehr erinnern. Seit seinem fünften Lebensjahr leidet der 55-Jährige an Typ-1-Diabetes. Das heißt, seine Bauchspeicheldrüse produziert praktisch kein Insulin, das den Zucker aus dem Blut in seine Zellen weiterleitet. Zuckermessungen und Insulininjektionen gehören deshalb seit jeher zu seinem Alltag. "Doch im vergangenen Jahr habe ich mich tatsächlich manchmal fast gesund gefühlt", sagt Martin. Gemeinsam mit 33 weiteren Diabetes-Patienten war er Teil einer Studie des Neusser "Profil Instituts für Stoffwechselforschung" mit dem Ziel, die Bauchspeicheldrüse mit Hilfe von moderner Technik künstlich zu ersetzen.

Geschehen ist dies im Zusammenspiel dreier Dinge: einer Insulinpumpe, einem Zuckermessgerät und einem Smartphone. "Das Besondere unserer Studie ist, dass die Messung der Zuckerwerte und die Injektion des Insulins dank des Smartphones vollkommen automatisiert ablaufen konnten. Die Patienten mussten ihre Werte nicht ständig im Auge behalten, sondern konnten ihren Alltag ganz normal bewältigen", sagt Sabine Arnolds, ärztliche Prüfleiterin der Studie von Profil. Über Bluetooth-Schnittstellen wurde das Smartphone mit Messgerät und Pumpe verbunden, eine eigens für das Projekt entwickelte Software sammelte dann die Daten der Messung und gab auf dieser Basis die Befehle zur Insulininjektion an die Pumpe weiter.

Mit den Ergebnissen der Studie, die das "Profil Institut" im Rahmen eines von der EU geförderten Projektes gemeinsam mit der Universität Cambridge in Großbritannien und der Medizinischen Universität im österreichischen Graz durchgeführt hat, ist die Ärztin zufrieden: "Dadurch, dass die Patienten 24 Stunden lang durch das Smartphone beobachtet wurden, haben sich Langzeitwerte verbessert, und es gab weniger Fälle von Über- und Unterzuckerung", sagt sie.

Vor allem aber verbessere ein solches System einer künstlichen Bauchspeicheldrüse die Lebensqualität der Patienten. Das kann auch Johannes Müller bestätigen. 2008 erhielt der 49-Jährige die Diagnose Diabetes. "Während der Studie konnten meine Partnerin und ich endlich wieder einmal ruhig schlafen. Denn auch nachts können manchmal Probleme mit meinen Werten auftreten", sagt er.

Das neue Gefühl der Freiheit hielt jedoch nicht lange an: Lediglich drei Monate dauerte die Testphase, vorher mussten die Teilnehmer im Durchschnittsalter von 40 Jahren zudem den Umgang mit dem System und den einzelnen Hilfsgegenständen trainieren. Inzwischen läuft das Leben von Thomas Martin und Johannes Müller somit wieder genauso wie vor der Studie des Profil Institutes - denn in Serie gehen kann die künstliche Bauchspeicheldrüse noch lange nicht. Stattdessen gilt es jetzt, ihre Technik zu verfeinern.

(lai)
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