Neuss Mit Wort und Tat auf Luthers Spuren

Neuss · Die evangelische Gemeinde feiert heute anlässlich des 500. Reformationstages zunächst einen Festgottesdienst in der Christuskirche. Im Anschluss gibt es die Ausstellung "Reformation und Gegenreformation" im Luther-Haus zu sehen.

 Pfarrerin Kathrin Jabs-Wohlgemuth und Stadtarchivar Jens Metzdorf hoffen, dass die Ausstellung viele Besucher anlockt.

Pfarrerin Kathrin Jabs-Wohlgemuth und Stadtarchivar Jens Metzdorf hoffen, dass die Ausstellung viele Besucher anlockt.

Foto: A. Buchbauer

Kurz bevor er wieder Richtung Neuss aufbrach, ist Pfarrer Sebastian Appelfeller noch mal richtig durchgeschüttelt worden. In Norddeutschland hat er Urlaub gemacht, als Sturmtief Herwart aufzog. Der Weg zurück in die Quirinusstadt gestaltete sich für Appelfeller daher gestern gar nicht so einfach. "Die Zugverbindungen sind ja ausgefallen", sagt er. Aber der Pfarrer hatte ein Ziel vor Augen: den Festgottesdienst, der heute um 10.30 Uhr in der Christuskirche anlässlich des 500. Reformationstages beginnt. Die Predigt hält Superintendent Dietrich Denker.

Mit dem Festgottesdienst neigt sich das Reformationsjahr dem Ende zu. Das Jubiläum wurde ein Jahr lang unter dem Motto "Ich bin vergnügt, erlöst, befreit" begangen. Heute schließlich jährt sich zum 500. Mal die Veröffentlichung der 95 Thesen, die Martin Luther der Überlieferung zufolge an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg geschlagen hat. Pfarrerin Kathrin Jabs-Wohlgemuth freut sich, dass zahlreiche Sänger und Musiker aus Neuss bei dem Festgottesdienst mitwirken. Und der Wochenspruch zum Reformationstag zeigt, wie der Glaube Brücken bauen kann, auch über Konfessionsgrenzen hinweg. Er stammt aus dem Römer-Brief (1,16) und lautet "Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben."

Dass es für die Protestanten aber lange Zeit gar nicht so einfach war, ihren Glauben zu leben, zeigt ein Blick in die Geschichte. Ein Kapitel, das oft nur wenig Beachtung findet, ist, wie Reformation und Gegenreformation in Neuss wirkten. Das Stadtarchiv hat hierzu eine Ausstellung erstellt - sie ist ein Geschenk an die evangelische Kirchengemeinde. Vom 6. November bis 1. Dezember wird die Schau im Rathaus und danach als Wanderausstellung in den Gemeinden zu sehen sein. Anlässlich des 500. Reformationstages gibt es sie im Anschluss an den Festgottesdienst heute aber erstmals im Martin-Luther-Haus zu sehen.

Stadtarchivar Jens Metzdorf und seine Historiker-Kollegin Stefanie Fraedrich-Nowag haben die Schau federführend zusammengestellt. Sie zeigt, wie sich die Anfänge des protestantischen Lebens in Neuss bis in die Reformationszeit zurückverfolgen lassen. Zwar wurde das katholische Rheinland von der Bewegung zunächst nur gestreift. "Aber als florierende Handels- und Hafenstadt kam Neuss bereits früh mit dem neuen reformatorischen Gedankengut in Berührung", sagt Metzdorf. Erste Versuche, das Gedankengut durchzusetzen - allen voran durch Erzbischof Hermann von Wied - scheiterten Mitte des 16. Jahrhunderts jedoch. Zwar etablierte sich ab den 1560er Jahren im Verborgenen eine erste kleine protestantische Gemeinde. Aber der Weg bis zur Gründung der heutigen Gemeinde 1806 war weit. Immer wieder gab es einschneidende Ereignisse, vom Truchsessischen Krieg über die Rückeroberung der Stadt bis hin zur fast zehnjährigen Besatzung am Ende des Dreißigjährigen Krieges durch die Hessen.

All dies zeigt die Ausstellung auf anschauliche Weise - und erklärt ein spannendes Stück Stadt- und Religionsgeschichte.

(abu)
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