Neuss Münsterorgel mit brillanter neuer Technik

Neuss · Kantor Joachim Neugart führte überzeugend im Konzert die neuen Möglichkeiten vor.

 Joachim Neugart am neuen Spieltisch der Münsterorgel.

Joachim Neugart am neuen Spieltisch der Münsterorgel.

Foto: Woi

"Das ist ja wunderbar, wie bei frisch geputzten Fensterscheiben!" Das Kompliment von Martin Kluth, Orgelenthusiast aus Speck, der so gut wie kein Konzert verpasst, galt der neuen, alten Orgel im Quirinusmünster. Nach umfangreicher Restauration im letzten halben Jahr gab Münsterkantor Joachim Neugart ein Konzert, um die zum Teil erheblichen Veränderungen an dem 1907 erbauten Instrument vorzustellen. Etliche Kollegen, Organisten aus Düsseldorf, Köln und sogar aus Soest, waren unter den zahlreichen Zuhörern, weil sie sich für die zumindest im Hinblick auf den neu errichteten Spieltisch geradezu revolutionären Neuerungen interessierten.

In seine Programme bringt der Münsterkantor eine wohlüberlegte Mischung zwischen Intuition und Kreativität ein: Es war kein Zufall, dass zum Beginn des Konzertes die faszinierende Vision "Apparition de l'église éternelle" (Die Erscheinung der ewigen Kirche) des stark vom Glauben geprägten Komponisten Olivier Messiaen (1908-1992) stand. Die gewaltige Steigerung, die dem Werk innewohnt, inszenierte Joachim Neugart mit der neuen Technik brillant, und führte sie zum Pianissimo zurück.

Seit mehr als 70 Jahren klangen die Flöten im Registerwerk nicht mehr so rein und transparent: Ein überzeugendes Argument für die Entfernung der stummen Prospektpfeifen, die 1938 aus optischen Gründen vor das klingende Werk gebaut wurden.

Auch Johann Sebastian Bach klingt auf diesem vor allem für französische Romantik geeigneten Instrument nun attraktiver: "Präludium und Fuge Es-Dur" (BWV 552) für "Organo pleno" (volle Orgel) wurden zu strahlender Festmusik, besonders im dreiteiligen Präludium. In der fünfstimmigen Fuge arbeitet Joachim Neugart das erste Thema im gewaltigen Bassfundament unerhört deutlich heraus und nimmt die rhythmische Vielfalt gekonnt an.

Höhepunkt in der Demonstration der neuen "alten" Dame war aber zweifellos die 9. Sinfonie e-Moll (Aus der neuen Welt) von Antonín Dvorák in einer Transkription für Orgel von Zsigmond Szathmáry. Joachim Neugart nutzte die neuen Freiheiten durch eine unzählige Registerkombinationen gestattende Setzeranlage vollkommen aus. Das dramatische Hauptthema erscheint sogar farbiger als in der Orchesterfassung. Hochemotional, zugleich einfühlsam ist das "Largo" intoniert mit schönem doppelten Hörner-Echo zum Ende.

Trotz aller Registrierungskünste reicht das Finale nicht an das Orchesteroriginal heran: Da fehlten dann doch die Blechbläser!

(Nima)
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