Neuss Musikalische Harmonie trotz unterschiedlicher Temperamente

Neuss · Das jüngste Zeughauskonzert brachte zwei perfekte Vollblutmusiker auf die Bühne, die trotz unterschiedlichen Temperamentes im Zusammenspiel ausgezeichnet miteinander harmonierten. Der in Budapest geborene Ungar Barnabás Kelemen ist seit einem guten Jahr Violinprofessor an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, hat mit dem unter seinem Namen gegründeten Streichquartett etliche Preise eingeheimst und spielt eine vom ungarischen Staat zur Verfügung gestellte sagenhafte Guarneri del Gesú-Violine von 1742. Sein Partner war der Argentinier José Gallardo, der sein brillantes Klavierspiel ebenfalls als Dozent am Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg weitervermittelt.

 Barnabás Kelemen (l.) und José Gallardo waren vor dem Konzert für "Rhapsody in School" im Marienberg-Gymnasium zu Gast.

Barnabás Kelemen (l.) und José Gallardo waren vor dem Konzert für "Rhapsody in School" im Marienberg-Gymnasium zu Gast.

Foto: Foto: Angela van den Hoogen

Das Zusammenspiel der beiden hochkarätigen Musiker begann mit Beethovens "Sonate für Klavier und Violine F-Dur" (op. 24), die - warum auch immer - den nicht vom Komponisten verwendeten volkstümlichen Beinamen "Frühlingssonate" hat. Sehr lyrisch beginnt die Violine den ersten Satz, die wiegende Begleitung des Klaviers nahm José Gallardo sehr energisch, und man fragte sich bald "Wer ist hier der Star?". Zu oft übertrumpfte er in Fortegraden die feine Violine. Gleichwohl war das Zusammenspiel grandios, etwa im kurzen "Scherzo" einer rhythmisch lebhaften Verfolgungsjagd. Vielfarbiges perfektes Zusammenspiel bestimmte auch das Finalrondo, eines der schönsten Stücke der Literatur.

Höchste Anforderungen an Musiker und Zuhörer stellt Béla Bartóks zweite "Sonate für Violine und Klavier" (1922). Sie gehört zu seinen radikalsten Werken, der Einbezug ungarischer Volksmusik wird expressionistisch und mit Elementen der Zwölftonmusik gesteigert. Das Erkennen häufig wiederkehrender Themen und Motive blieb bei der exzellenten Interpretation für das Publikum höchst spannend. Beide Sonaten wurden umrahmt von Werken Astor Piazollas. Er gilt als der Vater des "Tango nuevo": Den ursprünglich volkstümlichen Tanz hat er mit Mitteln der Klassik und des Jazz zu neuer Kunstform geweitet. Bartók war ihm auch Vorbild.

Kelemen und Gallardo präsentierten auch hier im überzeugenden Zusammenspiel einige der berühmtesten Stücke wie "Milonga del Angel" und "Adiós Nonino", der heimlichen Nationalhymne Argentiniens. Eine sehr schöne Zugabe war Piazollas "Tango-Etüde für Flöte solo", wunderbar von der Violine gespielt. Andere Zugaben aus dem Bereich "Schrammelmusi" trafen nicht Jedermanns Geschmack.

(Nima)
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