Neuss Muslime loben das Neusser "Wir-Papier"

Neuss · Im Papier "Neues Wir-Gefühl" wirbt ein CDU-Trio dafür, den Islam als Religionsgemeinschaft anzuerkennen und fordert Deutsch als Regelsprache in allen islamischen Gemeinden. Jetzt kündigt der Zentralrat der Muslime Unterstützung an.

Samir Bouaissa (2. v. r.) vom Zentralrat der Muslime trifft die Neusser CDU-Politiker (v. l.) Peter Bungenberg, Ralf Roeb, Sebastian Rosen und Yasar Calik.

Samir Bouaissa (2. v. r.) vom Zentralrat der Muslime trifft die Neusser CDU-Politiker (v. l.) Peter Bungenberg, Ralf Roeb, Sebastian Rosen und Yasar Calik.

Foto: Woi

Von der eigenen Partei fühlt sich CDU-Ratsherr Sebastian Rosen (41) unverstanden. Zumindest vom Vorsitzenden Jörg Geerlings. Der habe, entgegen seiner Zusage, das Positionspapier "Ein neues Wir-Gefühl für Neuss" im Vorfeld des Stadtparteitages zur Inneren Sicherheit am 18. Juni nicht via Internet allen Neusser Christdemokraten bekannt gemacht. Umso mehr freuen sich Rosen und seine Mitstreiter Peter Bungenberg (47) und Ralf Roeb (52) über Lob, Ermutigung und Angebot zu einem "offenen Dialog" vom Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD). Der NRW-Vorsitzender Samir Bouaissa (43) begann bereits gestern mit diesem "offenen Dialog". Er reiste dafür aus Wuppertal nach Neuss, wo er an der Kaffeetafel im Gesellschaftshaus der Bürgergesellschaft das Gespräch mit einem Bekenntnis eröffnete: "Ich habe das Papier mit Freude studiert."

Nach Ansicht von Bouaissa besitzt das Papier aus Neuss das Zeug, zum Exportschlager zu werden, der auch andernorts auf fruchtbaren Boden fallen könnte. Vieles klinge zunächst selbstverständlich, sei es aber nicht: "Weil wir uns nur vom Hörensagen kennen." Und da gelte die alte Erkenntnis: "Unwissenheit erzeugt Ängste". Genau da setzt das Neusser CDU-Trio an. "Wir wollen nicht über Muslime schreiben, sondern mit Muslimen sprechen", sagt Mitautor Peter Bungenberg. Darum sei das Papier auch den vier großen islamischen Verbänden (ZMD, DITIB,VIKZ, Islamrat) in Deutschland mit der Bitte vorgestellt worden, Stellung zu nehmen: "Wir wären doch dumm, wenn wir konstruktive Hinweise und gute Anmerkungen nicht aufnehmen würden." Inzwischen seien die drei Neusser eingeladen, den Dialog mit Vertretern der Verbände weiterzuentwickeln. "Unser Papier lebt", sagt Bungenberg. Ziel sei es "unser Konzept" mit breiter Akzeptanz zu versehen und es letztlich auch parteiübergreifend zu platzieren.

In einem zentralen Punkt spricht sich das Papier dafür aus, den Islam als Religionsgemeinschaft anzuerkennen, so dass er in Deutschland "nach den gleichen Voraussetzungen wie die christlichen Kirchen behandelt" wird. Zu den Voraussetzungen, die dem Islam den Weg zur angestrebten Anerkennung als Religionsgemeinschaft ebnen, zählt das Autorentrio unter anderem, Transparenz der Gemeinden, Einhaltung der deutschen Verfassung, konkrete Ansprechpartner, Öffnung der Gemeinden für alle Nationalitäten, Regelsprache Deutsch, anerkannte Ausbildung muslimischer Würdenträger an deutschen Universitäten, Islamunterricht an den Schulen in Deutschland, regelmäßiger Austausch zwischen christlichen Kirchen und muslimischen Gemeinschaften. Alles Forderungen, die Samir Bouaissa sofort unterschreiben würde: "Prinzipiell teile ich alles, was da steht." Dass die Mehrheit der Muslime den deutschen Staat akzeptiere, versucht der NRW-Chef des Zentralrates zu verdeutlichen: Der 3. Oktober sei nicht nur der Tag der deutschen Einheit, sondern auch der Tag der offenen Moschee. "Das hat doch Symbolkraft", sagt Bouaissa.

Bouaissa, der das CDU-Parteibuch hat und aktiver Gewerkschaftler ist, plädiert für starke Institutionen wie die Polizei, die auch in der Lage sein müssten, die Staatsgewalt durchzusetzen: "Letztlich schützen sie uns alle. Christen, Muslime, alle Menschen, die guten Willens sind."

(-lue)
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