Neuss Nach Bein-OP hilflos nach Hause entlassen

Neuss · Die Versorgung einer 82-Jährigen zu Hause war nicht sichergestellt. Das "Etienne" entschuldigt sich.

 Das Etienne-Krankenhaus hat personelle Konsequenzen gezogen.

Das Etienne-Krankenhaus hat personelle Konsequenzen gezogen.

Foto: woi

Medizinisch hat Wolfgang Herrmann am Johanna-Etienne-Krankenhaus nichts auszusetzen. Doch über die Betreuung seiner Mutter nach einer Bein-Operation kann er nur den Kopf schütteln. Die Klinik hat sich mittlerweile bei ihm entschuldigt und gelobt Besserung.

Was war passiert? Herrmanns 82-jährige Mutter war Anfang August im "Etienne" an einem Oberschenkelbruch operiert worden. Sechs Tage später entließ die Orthopädie die alte Dame nach Hause - obwohl ihr Sohn dagegen Einspruch einlegte. Denn seine Mutter lebt alleine in Kaarst, im Haus sind mehrere Treppen zu überwinden.

"Und weil Ferien waren, habe ich auch keinen Platz für sie in einer Kurzzeitpflege bekommen. Ich habe zwei, drei Tage erfolglos im Großraum Neuss, Grevenbroich, Düsseldorf und Mönchengladbach herumtelefoniert", berichtet Herrmann, der selbst in der Nähe von Stuttgart lebt.

Sein Bitten und Drängen, seine Mutter nicht zu entlassen, bevor geklärt sei, ob sie häusliche Pflege oder eine Reha-Maßnahme erhalte, habe man in der Klinik ignoriert, ebenso ein Fax an die Geschäftsführung. Eine Physiotherapeutin habe lediglich zwei Gehversuche mit der 82-Jährigen unternommen. Übungen im Treppenhaus habe es nicht gegeben. Ebenso wenig eine Medikamentenliste für den schließlich zugesagten häuslichen Pflegedienst der Caritas, so dass seine Mutter trotz heftiger Schmerzen keine Schmerzmittel zu Hause erhielt.

Unterstützung habe er aber von der Caritas und der AOK erhalten, berichtet Herrmann. Die Krankenkasse habe unbürokratisch dafür gesorgt, dass seine Mutter immerhin zehn Tage nach der Operationen einen Reha-Platz bekam. "Für mich ist dies der Beweis, dass das ,Care-Management' im Krankenhaus, dessen Aufgabe darin besteht, eine postoperative Versorgung zu gewährleisten, versagt hat", ärgert sich der 63-Jährige.

"Das ist nicht korrekt gelaufen", bestätigt Christina Jacke, Sprecherin des Etienne-Krankenhauses. "Wir können uns dafür nur entschuldigen und werden unser bestes tun, um so etwas künftig zu verhindern." Man habe bereits personelle Konsequenzen gezogen.

Der Fall sei zu einer unglücklichen Zeit passiert. "Anfang August hat unser neuer Geschäftsführer seine Stelle angetreten." Im Zuge der Neuorganisation sei Wolfgang Herrmanns Fax untergegangen. "Im Normalfall hätte sich sofort einer der Chefs gemeldet." Man bedauere den Fall sehr. "Zum Glück ist medizinisch nichts passiert."

Wolfgang Herrmann reicht die Entschuldigung nicht. "Selbst wenn es einen Chefwechsel gibt, muss der Alltag weiterlaufen wie bisher", sagt er. "Die Patienten dürfen nicht darunter leiden."

Das "Etienne" versichert, dass es sich hier um einen Einzelfall handele. "Wir haben 800 Mitarbeiter. Sie setzen sich tagtäglich für unsere Patienten ein", sagt Jacke. So begleite beispielsweise eine Ärztin in ihrer Freizeit Patientinnen bei Behördengängen.

(NGZ)
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