Neuss Neue Hoffnung für das Whitesell-Werk

Neuss · Für die 300 Beschäftigten der Schraubenfabrik gibt es neue Hoffnung: Der amerikanische Konzern lenkt ein und will das Werk doch abgeben. Die Stadt würde es kaufen, an einen Betreiber verpachten und die Firma dann auslagern.

 Die Whitesell-Belegschaft ist nicht nur kampferprobt, sie hat mit Qualität und Liefertreue auch schon zwei Insolvenzen überstanden. Auf der nächsten Betriebsversammlung könnte es wieder positive Nachrichten geben.

Die Whitesell-Belegschaft ist nicht nur kampferprobt, sie hat mit Qualität und Liefertreue auch schon zwei Insolvenzen überstanden. Auf der nächsten Betriebsversammlung könnte es wieder positive Nachrichten geben.

Foto: Linda Hammer

Pierburg hat sein Niederrheinwerk eröffnet, der Aluminiumkonzern Hydro investiert 45 Millionen Euro in eine neue Recyclinganlage, die Logistikdienstleister Fiege beziehungsweise Group 7 bauen in Neuss, und der Presswerkzeug-Hersteller Novopress hat im Barbaraviertel neue Firmengebäude bezogen: Es sind positive Meldungen aus der Neusser Wirtschaft, die Bürgermeister Herbert Napp in seiner Jahresbilanz hervorhob. Doch die vielleicht glücklichste erhielt er erst Ende vergangener Woche: Whitesell Deutschland ist zum Verkauf der Neusser Schraubenfabrik (ehemals Bauer & Schaurte") bereit. Neue Hoffnung für 300 Arbeitnehmer.

"Die Verkaufsbereitschaft hat sich in einer E-Mail konkretisiert", sagte Napp gestern. Er setzte umgehend jenen deutschen Unternehmer über die neue Wendung in Kenntnis, der schon an der Fortsetzung des Betriebes Interesse gezeigt hatte. Steht der noch zu seinem Angebot, könnte das Modell zur Rettung des Werkes, das schon vor Monaten verabredet worden war, in einer gemeinsamen Absichtserklärung, einem "letter of intend", festgeschrieben werden - bevor beide gemeinsam mit Whitesell verhandeln: Die Stadt will die am Hauptbahnhof gelegene Fabrik aus städtebaulichen Gründen kaufen und an den Betreiber, dem eine Auslagerung angeboten wird, verpachten.

Mit diesem Plan im Gepäck hatte der Unternehmer schon einmal bei Whitesell vorgesprochen, war aber mehr oder weniger hinausgeflogen. Für die Amerikaner, die den Neusser Automobilzulieferer Anfang des Jahres mit drei Schwesterwerken aus der Ruia-Insolvenz übernommen hatten, war Verkauf keine Option. Sie wollten ihre deutsche Firmengruppe restrukturieren und kündigten im Juli die Schließung des Werks in Neuss an. Das war bis vor wenigen Tagen Stand der Dinge.

Nun also eine neue Wendung - und die überrascht Nihat Öztürk nicht. "Whitesell hat keine Alternativen mehr", sagt der erste Bevollmächtigte der Gewerkschaft IG Metall. "Er muss verkaufen, oder er bleibt auf einer Industriebrache sitzen." Denn das Angebot der Stadt gilt nur bei Fortsetzung des Betriebes. Wird das Werk nur geschlossen - das hat die Stadt mehrfach betont und zuletzt in einer Rats-Resolution unterstrichen - wird das Areal nicht zu Bauland umgewandelt, mit dem der Investor noch einmal Kasse machen könnte. Was den Druck noch erhöht: Erst am Freitag hatte das Arbeitsgericht geurteilt, dass sich das Unternehmen nicht ohne Sozialplan aus der Verantwortung stehlen kann.

In der E-Mail sei von einem "angemessenen Preis" die Rede, berichtet Napp. Für die Immobilie kann das seiner Ansicht nach nur der Grundstückspreis sein - abzüglich der Abrisskosten. Das wirtschaftliche Risiko zur Fortsetzung der Produktion würde der neue Betreiber schultern. Dieses Risiko solle man nicht überbewerten, sagt Öztürk - "wenn der Investor vom Fach ist und das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen kann". Schließlich habe das Neusser Werk schon zwei Insolvenzen unbeschadet überstanden - dank Qualität und Liefertreue.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort