Neuss Neuer Deich für Rhein in Uedesheim

Neuss · Am Reckberg soll ein Neubau eine 300 Meter breite Lücke schließen. Vorher sind dort archäologische Grabungen nötig.

 Blick vom Reckberg auf die Fleher Brücke: Der Rheindeich, der die Lücke zwischen der Autobahn (r.) und dem Reckberg schließt, ist zu niedrig. Er soll durch einen rückwärtig zu errichtenden Neubau ersetzt werden.

Blick vom Reckberg auf die Fleher Brücke: Der Rheindeich, der die Lücke zwischen der Autobahn (r.) und dem Reckberg schließt, ist zu niedrig. Er soll durch einen rückwärtig zu errichtenden Neubau ersetzt werden.

Foto: A. Woitschützke

Die letzte Schwachstelle im Deich, der den Polder Uedesheim vor dem Hochwasser des Rheins schützt, ist ein etwa 300 Meter langer Abschnitt zwischen der Autobahn 46 und dem Reckberg. Die Absicht, diesen Wall zu erhöhen, besteht seit Jahren, doch alle bisher gemachten Pläne sind Makulatur. Denn nun wird ein Neubau im Schutz des bestehenden Deiches favorisiert, wie Kai Liebreich vom Tiefbaumanagement bestätigt, der die Stadt im Heimrat des Deichverbandes Uedesheim vertritt. Bei dessen Verbandsschau wurden jetzt die Neubaupläne erklärt.

Bevor hoch gebaut wird, wird allerdings tief gegraben. Die Archäologen müssen als Erste zu ihrem Recht kommen. Sabine Sauer, Archäologin in Diensten der Stadt, ist nämlich fast sicher, unter der Erdoberfläche auf Siedlungsspuren aus der Römerzeit zu treffen. Anlass bieten vor allem das Kleinkastell und der Wachturm der Grenzbefestigung Limes, die auf dem Höhenrücken des Reckbergs nachgewiesen wurden, sowie Funde auf Flächen im Schutz dieser Höhe. Aber auch auf der stets von Überschwemmung bedrohten Fläche, auf der nun der Deich angehäuft werden soll, gab die Erde Interessantes preis. Etwa ein Bleigewicht, das für Sauer den folgenden Schluss zulässt: "Der Verdacht liegt nahe, dass es dort eine Siedlung gab, deren Bewohner Tauschhandel mit den rechtsrheinisch lebenden Germanen trieben."

Diese Grabungen waren für den Deichverband der ausschlaggebende Grund, alte Pläne aufzugeben. Die zunächst favorisierte Option war, dem Deich eine Haube aufzusetzen. Der ist zwar hoch genug, um selbst einem Jahrhunderthochwasser standhalten zu können, doch fehlt der geforderte Sicherheitszuschlag, Freibord genannt. Diese Option war vom Tisch, als die Bezirksregierung befand, der Deich sei nicht mehr auf Stand der Technik. Er besteht ausschließlich aus einem Ton-Erde-Gemisch, die Aufsichtsbehörde will aber einen Drei-Zonen-Deich haben - mit drei Materialien in seinem Kern.

Also wurde geplant, den alten Deich ganz abzutragen und an gleicher Stelle einen neuen aufzuschütten. Der Plan warf aber einige Probleme auf, wie Kai Liebreich erklärt. Um den Hochwasserschutz nicht gänzlich aufzugeben, hätte nur in den trockenen Sommerwochen und auch nur abschnittsweise gebaut werden können. Zudem war immer Material bereit zu halten, um im Fall des Falles die klaffende Lücke schließen zu können. An sich kein Problem - wenn nicht auch in diesem Fall Grabungen nötig gewesen wären, von denen niemand sagen konnte, wie lange die dauern.

Das schon eingeleitete Planfeststellungsverfahren wurde deshalb gestoppt, nun trägt die Verwaltung neue Unterlagen für einen Neubau im Schutz der alten Anlage zusammen. Der Grund und Boden, auf dem der neue Deich gebaut werden soll, gehört allerdings noch nicht der Stadt. Dass noch Grunderwerb nötig ist, ist aus Liebreichs Sicht der größte Nachteil dieser Variante.

Steht der neue Deich, soll der alte durchstochen werden. So entsteht eine zusätzliche Retentionsfläche, in die sich der Rhein bei Hochwasser ausdehnen kann. Diesen Zugewinn kann sich die Stadt gutschreiben lassen, wenn sie mal vorhaben sollte, den Rhein an anderer Stelle zu beschneiden.

(-nau)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort