Tier in Neuss überfahren Aufregung im Netz um Tod von Kater Linus

Neuss · Ein unbekannter Autofahrer hat in Neuss Kater Linus überfahren, als dieser über die Straße lief. Absichtlich, so ein Zeuge. Die Geschichte hat im sozialen Netzwerk Facebook hohe Wellen geschlagen. Tierfreunde reagieren traurig - und sehr wütend.

 Kater Linus wurde am vergangenen Mittwoch von einem unbekannten Autofahrer in Neuss überfahren. Dieses Foto postete der Verein Tiernotruf auf seiner Facebook-Seite.

Kater Linus wurde am vergangenen Mittwoch von einem unbekannten Autofahrer in Neuss überfahren. Dieses Foto postete der Verein Tiernotruf auf seiner Facebook-Seite.

Foto: Tiernotruf e.V.

Es passierte am vergangenen Mittwochabend gegen 20 Uhr: Linus, ein schwarzer, knapp zwei Jahre alter Kater, wollte die Norfer Straße in Neuss überqueren. Ein Zeuge schildert Stefan Bröckling vom Tiernotruf Düsseldorf e.V. später, dass der Kater extra eine Lücke abgewartet habe, bevor er versucht habe, die Straße zu überqueren. Doch dann habe ein Autofahrer Gas gegeben und den Kater absichtlich überfahren.

Bröckling selbst kam zufällig an der Stelle vorbei, kurz, nachdem der Kater angefahren worden war. Der 45-Jährige hat es sich zur Aufgabe gemacht, Tiere in Not zu retten. Sitz seines Vereins Tiernotruf e.V. ist Düsseldorf. Doch "mittlerweile haben wir Einsätze weit über die Grenzen der Landeshauptstadt hinaus", sagt Bröckling, der sich auf das Retten von Wasservögeln spezialisiert hat, die sich an Angelhaken oder in Fischernetzen verfangen haben.

Als Bröckling den verletzten Kater auf der Straße sieht und die Situation erfasst, handelt der Tierrettungsprofi. Er fängt Kater Linus nach einigen Schwierigkeiten ein, liest seinen Chip aus und kann mithilfe des Vereins "Tasso e.V.", bei dem man Fundtiere melden kann, schnell die Besitzer ausmachen. Kater Linus kommt in eine Tierklinik und zunächst sieht es so aus, als werde er wieder gesund. Doch rund anderthalb Tage, nachdem es angefahren wurde, stirbt das Tier.

Am Morgen nach dem Vorfall postet Bröckling einen Text auf der Facebookseite seines Vereins. Darin schildert er, was passiert ist und zeigt sich von dem Vorfall emotional stark berührt. Seine Reaktion auf das Verhalten des unbekannten Autofahrers fällt heftig aus. Er wird als "Abschaum unserer Gesellschaft", als "Stück Dreck" bezeichnet. "Das kam durch die Emotionen", sagt Bröckling, der heute nicht mehr so formulieren würde: "Normalerweise drücke ich mich zurückhaltender aus."

"Einige von den Kommentaren gehen gar nicht"

Viele der Nutzer, die sich in den über 5600 Kommentaren unter dem Post äußern, drücken sich unterdessen alles andere als zurückhaltend aus. "Es sind immer ganz armselige Würstchen, die so etwas machen" gehört da zu den netteren Äußerungen. "Ich hoffe, dasselbe passiert mit seinem Kind vor seinen Augen!", schreibt ein anderer Nutzer. Der nächste meint in Bezug auf den Unbekannten: "Sowas wie dich müsste man steinigen".

"Kommentare wie diese wollte ich mit meinem Post nicht provozieren", sagt Bröckling. "Einiges, was die Leute da geschrieben haben, geht gar nicht." Er habe mehrere Hundert Kommentare durchgesehen und "besonders Schlimme" gelöscht. Alle über 5600 habe er sich nicht angeschaut. Dafür fehle ihm die Zeit. "Ich habe noch nie so viele Kommentare unter einem Text gehabt. Ich bin jeden Tag voll damit beschäftigt, Tiere zu retten. Facebook mache ich nur nebenbei", erklärt er. Er habe darüber nachgedacht, den Post ganz zu löschen. Doch er will den Leuten, die spekulieren, die ganze Geschichte um Kater Linus sei frei erfunden, nicht das Gefühl geben, sie hätten recht damit.

Wenn radikale Tierfreunde ihrem Ärger Luft machen

Es kommt immer wieder vor, dass Tierschützer und -freunde radikale Worte wählen, um ihrem Ärger über ein Unrecht, das einem Tier angetan wurde, Luft zu machen. Mitunter überschreiten ihre Äußerungen die Grenze zur strafrechtlichen Relevanz, oft wird mit Selbstjustiz gedroht. Dabei sprechen die Tierfreunde dem Menschen, der einem Tier etwas angetan hat, das Recht auf eine respektvolle, menschliche Behandlung ab. "Die Würde des Menschen ist unantastbar" - bis er einem Tier Gewalt antut, scheint das Credo zu lauten. Die Anhänger dieser besonderern Art von Tierliebe nennt man "Anti-Speziesisten". Mit ihren Ansichten machen sie mitunter sogar anderen Tierfreunden Angst.

"Hätte ich die Möglichkeit gehabt, alle Kommentare zu kontrollieren, hätte ich das getan", sagt Bröckling. Doch er sei kein Facebook-Profi und sei unsicher, wie er in so einer Situation richtig reagieren solle. Was die Drohungen gegen den unbekannten Autofahrer angeht, die einige Nutzer aussprechen, sagt Bröckling: "Die machen doch nur in der Anonymität des Netzes den Mund auf, setzen das aber nicht in die Tat um".

Neben vielen wütenden gibt es aber auch die Kommentatoren, die einfach ihre Traurigkeit darüber ausdrücken wollen, dass Kater Linus gestorben ist: "Armer Linus. Bin in Gedanken bei der Familie", schreibt ein Nutzer, "R.I.P. Linus und mein herzliches Beileid an Herrchen und Frauchen", schreibt ein anderer. Ein Nutzer versucht, die Debatte zu mäßigen: "Kann mir nicht vorstellen, dass der Fahrer mit Absicht das Tier umgefahren hat".

(lsa)
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