Klagewelle der Umwelthilfe Neuss droht ein Diesel-Fahrverbot

Neuss · Die Verwaltung bekommt Post von der Umwelthilfe. Wegen erhöhter Feinstaubwerte droht eine Klage - und ein Diesel-Verbot.

Im Rathaus stellt man sich auf den Eingang eines Schreibens der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ein. DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch erklärte, seine Organisation habe - neben bereits laufenden Klagen gegen 16 Städte - formale Verfahren zur Sicherstellung der Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) gegen 45 weitere Städte eingeleitet. Auf der Liste steht auch Neuss. Die zuständigen Städte und Behörden werden aufgefordert, innerhalb von vier Wochen Maßnahmen wie Diesel-Fahrverbote verbindlich zu erklären. Zudem sollen sie aufzeigen, wie sie dafür Sorge tragen, dass die Stickstoffdioxid-Grenzwerte - im Jahresdurchschnitt 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft - unterschritten werden. Sollten die geplanten Maßnahmen nicht ausreichen, die Einhaltung der NO2-Grenzwerte sicherzustellen, wird die DUH weitere Klageverfahren einleiten. Das kündigte Resch an.

Neuss wird auf der Liste der DUH mit einem Mittelwert von 45 Mikrogramm pro Kubikmeter geführt. Daher wurde das Verfahren eingeleitet. Laut Resch werde damit auf neue Berechnungen - unter anderem durch das Umweltbundesamt - reagiert. Demnach bleibe die Luft in fast 70 deutschen Städten trotz der auf dem Dieselgipfel beschlossenen Maßnahmen mit Updates der Motorsoftware schmutziger als erlaubt. Die DUH hält drei Maßnahmen in allen Städten für vordringlich. Erstens: Diesel-Fahrverbote für alle Fahrzeuge, die den Euro 6/VI- Grenzwert auf der Straße überschreiten, zweitens: kurzfristige Nachrüstung aller ÖPNV-Busse auf Euro VI, und drittens: die schnelle Umstellung der Taxiflotten auf Umwelttaxis mit Erdgas, Benzin-Hybrid oder Elektroantrieb.

Im Rathaus reagiert man mit Verständnis auf den Vorstoß der DUH. Umweltdezernent Matthias Welpmann nimmt die Automobilindustrie in die Pflicht. "Wenn die Dieselflotte so ausgestattet wäre, dass sie die Abgasnormen erfüllen würde, hätten wir das Problem mit Grenzwert-Überschreitungen nicht. Hier ist die Automobilindustrie gefragt - und nicht die Kommune", betont er. "Wir müssen nur ausbaden, was anderswo versäumt wird." Es sei an der Zeit, dass die Automobilhersteller ihre Diesel-Pkw entsprechend nachrüsten. "Egal, ob mit Soft- oder Hardware. Der eigentliche Skandal ist doch, dass nichts geschieht, obwohl die Möglichkeiten dazu da sind." Für ein Diesel-Verbot in Neuss sieht Welpmann derzeit "keine rechtliche Grundlage".

Der Umweltdezernent verweist zudem darauf, dass mit dem Luftreinhalteplan bereits Maßnahmen ergriffen wurden, die durchaus zu einer Verbesserung geführt haben. Das zeigen auch Messungen durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). Es betreibt in Neuss drei Messstationen. An der Batteriestraße wurde im vergangenen Jahr eine NO2-Kenngröße von 46 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen, an der Friedrichstraße waren es 44 Mikrogramm und an der Krefelder Straße 43 Mikrogramm. Im Schnitt ist die Stickstoffdioxidkonzentration an den drei Messstationen in Neuss im Vergleich zu 2010 um rund zehn Mikrogramm pro Kubikmeter zurückgegangen.

(cbo)
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