Schüsse und Misshandlung Politik fordert nach Gewalttaten in Neuss mehr Polizeipräsenz

Neuss · Eine niedergeschossene 25-Jährige, ein fast zu Tode misshandelter Elfjähriger: Zwei schreckliche Ereignisse innerhalb von zwei Tagen versetzen den Neusser Stadtteil Weckhoven in Schockstarre.

 Eine neue Polizeistation für Neuss?

Eine neue Polizeistation für Neuss?

Foto: Knappe Jörg

Angst gehört in diesen Tagen zum Lebensgefühl vieler Menschen in Weckhoven. Ihnen spricht der Stadtverordnete Arno Jansen aus der Seele, der unter dem Eindruck des Anschlags auf eine 25-Jährige am Lindenplatz und der lebensgefährlichen Verletzungen, die einem Elfjährigen zugefügt wurden, eine eigene Polizeidienststelle in Weckhoven fordert. Die sähe er am liebsten im Ladenzentrum.

Der Ruf nach einer Neuordnung der Polizei im Neusser Süden sei eine alte Forderung der SPD, erklärt der Fraktionsvorsitzende auch mit Blick auf das Kommunalwahlprogramm 2014, doch sie sei dringlicher denn je. Die Polizei müsse vor Ort sichtbar sein, betont er in einem offenen Brief an den Landrat als Chef der Kreispolizeibehörde. Er müsse mit dem Landes-Innenminister dafür sorgen, dass "das Netz der Polizeidienststellen dichter wird."

Dass es in Weckhoven Spannungen gibt, ist seit langem offenkundig. Aus diesem Grund hatten sich die Weckhovener dagegen zu wehren versucht, dass die Streetworker aus dem Ort abgezogen werden. Artikuliert wurde ihr Protest über den "Runden Tisch", an dem unterschiedliche Akteure bei der Stadtteilarbeit zusammenwirken.

 Der Neusser Stadtteil Weckhoven.

Der Neusser Stadtteil Weckhoven.

Foto: Woitschützke Andreas

"Stadtteilarbeit ist weniger eine Einzelfallarbeit", sagt Ruth Braun vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), der die Gemeinwesenarbeit im Ort steuert. Sie will bei der demnächst anstehenden Konferenz trotzdem die Frage stellen, ob - vielleicht gemeinsam mit dem Jugendamt - noch etwas neu initiiert werden muss, damit zum Beispiel Kinder in Notlagen Hilfe finden. "Dazu brauchen wir ein funktionierendes Netzwerk", sagt die SkF-Geschäftsführerin. Auch deshalb hat Ulrike Bartkiewitz, Pfarrerin an der evangelischen Auferstehungskirche, die Arbeitsgruppe "Kinder, Jugend und Familien" des "Runden Tisches" wiederbelebt.

Die Probleme im Ort gehen aber tiefer. Veranstaltungen versucht die Gemeinde so zu legen, dass die Besucher noch bei Tageslicht nach Hause kommen können, sagt Bartkiewitz. Denn bei Dunkelheit würden sich vor allem viele ältere Weckhovener nicht mehr auf die Straße trauen. Auch im Jugendtreff musste man sich dem Thema Gewalt stellen. Nach unerfreulichen Zwischenfällen wurde der Zugang neu geregelt ("Nur nach Voranmeldung und auf Klingeln"), und den ehrenamtlichen Mitarbeitern ein Deeskalationstraining zur Bewältigung brenzliger Situationen angeboten. "Wir passen auch auf, dass Jugendliche auf dem Nachhauseweg begleitet werden - vor allem Mädchen", sagt Bartkiewitz.

Nach den jüngsten Zwischenfällen ist die Sicherheit im Ort Tagesgespräch. Viele sehen nun die Politik gefordert und fühlen sich abgehängt. Die Leute am Marienkirchplatz hätten angesichts der Drogenproblematik im Quartier Alarm geschlagen und sofort Gehör gefunden, zitiert Barkiewitz eine Stimme aus dem Ort. "Und was tun die für Weckhoven?".

Noch immer ist nicht sicher, ob der elf Jahre alte Junge, der am Donnerstag reanimiert werden musste, überlebt. Das teilte Staatsanwalt Martin Stücker am Dienstag auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Der Onkel des Kindes hatte am Wochenende gestanden, seinem Neffen die schweren Verletzungen zugefügt zu haben. Die Ermittlungen dauern aber an.

(NGZ)
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