Neuss Ohne Hilfe einkaufen in barrierefreien Läden

Neuss · 15 Geschäfte und Einrichtungen haben das Siegel "Neuss barrierefrei". Sie bieten unter anderem genügend Platz für Rollstuhlfahrer.

 Auf Besichtigungstour in Neuss: Hier sind Ernst Balsmeier, Harry Aron, Reinhold Böhm und Harald Jansen bei "Ice Optik" an der Neustraße.

Auf Besichtigungstour in Neuss: Hier sind Ernst Balsmeier, Harry Aron, Reinhold Böhm und Harald Jansen bei "Ice Optik" an der Neustraße.

Foto: Woitschützke

Wenn Harry Aaron mit seinem Rollstuhl in der Innenstadt unterwegs ist, trifft er immer wieder auf Orte, die für ihn nur schwer zugänglich sind. Nicht bei jedem Geschäft sind die Türen breit genug, nicht jeder Eingang ist stufenlos. "Es gibt noch einige Stolpersteine", sagt der 66-Jährige. Ähnlich sieht das Ernst Balsmeier. Auch er hat eine Behinderung: Seine Sehkraft ist stark eingeschränkt. Das sorgt beim Einkaufen ebenfalls manchmal für Einschränkungen.

Damit sich die Einkaufsbedingungen verbessern, setzen sich die beiden Männer für das Projekt "Neuss barrierefrei" ein und unterstützen die Verwaltung mit ihren Erfahrungen damit, die Stadt für Behinderte lebenswerter zu machen. Seit drei Jahren gibt es die Aktion, und wer mit Harry Aaron und Ernst Balsmeier durch die Stadt läuft, sieht an vielen Geschäften die gelben Schilder mit dem Logo des Projekts.

"Dort kommen alle Gruppen, die eingeschränkt sind, sehr gut zurecht", erzählt Balsmeier, der sich mit Harry Aron an diesem Tag vorgenommen hat, fünf Geschäfte in Augenschein zu nehmen, die bereits das Siegel bekommen haben. Harald Jansen schließt sich ihnen an. Er ist der Projektleiter von "Neuss barrierefrei" und stolz darauf, dass die Quirinusstadt immer behindertenfreundlicher wird. "Wir haben eine Vorreiterrolle in NRW eingenommen", sagt Jansen. Neuss sei für viele andere Städte mittlerweile ein Vorbild. Denn nicht nur Menschen mit Behinderungen hätten etwas von dem Siegel "Neuss barrierefrei", auch die Geschäfte profitierten - weil sie ihren Kundenkreis vergrößern und weil das Siegel einen Werbeeffekt verspricht. Schließlich zeigt der gelbe Aufkleber auch allen nichtbehinderten Kunden, dass sich der Einzelhändler engagiert und in Verbesserungen investiert hat.

Sichtbar sind diese Verbesserungen bei den Geschäften, die das Team besichtigt, darunter ein Optiker, eine Metzgerei und eine Apotheke. Die Einzelhändler haben Rampen an ihren Haupteingängen bauen lassen, außerdem sind die Schriften deutlicher zu lesen als vorher. "Voraussetzung für das ,Barrierefrei'-Siegel ist eine Türbreite von mindestens 90 Zentimetern", erläutert Projektleiter Jansen. Im Geschäft selbst müssten darüber hinaus genug Bewegungsflächen geschaffen werden. "Sonst kommen Rollstuhlfahrer wie ich darin nicht zurecht", erläutert Harry Aaron. "Und für seh- oder hörbehinderte Menschen muss es Orientierungsmöglichkeiten geben", fügt Ernst Balsmeier hinzu.

Das Siegel wird nicht nur an Einzelhändler und Restaurants, sondern auch an Banken, Arztpraxen und Anwaltskanzleien vergeben. Kindergärten und öffentliche Einrichtungen können es ebenfalls beantragen - natürlich nicht nur in der Innenstadt, sondern in ganz Neuss.

Bislang wurden 15 Geschäfte und Einrichtungen für "barrierefrei" erklärt. Vergeben wird das Siegel nach zwei Begehungen. "Bei einem ersten Treffen wird überprüft, was verändert werden muss, um ein barrierefreier Ort zu sein", erzählt Jansen. Beim zweiten Treffen kommt das Begehungsteam vorbei, dem auch Aron und Balsmeier angehören. "Dort schauen wir, ob das Geschäft allen eingeschränkten Gruppen gerecht wird", erläutert Balsmeier. Wenn das der Fall ist, wird das Siegel vergeben - und die Stadt Neuss ist damit wieder einen Schritt weiter auf ihrem Weg zu einer behindertenfreundlichen und barrierefreien Stadt.

(NGZ)
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