Neuss Pflegeprobleme: Kreis droht mit Konsequenzen

Neuss · Bei den zwei Häusern, die unter Beobachtung der Heimaufsicht stehen, handelt es sich um ein privates Altenheim und das eines Verbandes.

 Fachgerechte Pflege ist die Grundvoraussetzung für den Betrieb eines Altenheims. Das nötige Personal ist allerdings immer schwerer zu finden.

Fachgerechte Pflege ist die Grundvoraussetzung für den Betrieb eines Altenheims. Das nötige Personal ist allerdings immer schwerer zu finden.

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Die Nachricht, dass zwei Neusser Altenheime nicht die erforderliche Fachkraftquote erfüllen und einem der beiden Häuser ein Aufnahmestopp droht, beunruhigt viele Neusser. "Die Leute haben Angst, dass sie oder ihre Angehörigen nicht richtig gepflegt werden", berichtet Werner Schell vom Selbsthilfenetzwerk "Pro Pflege". "Die Heimaufsicht muss dringend handeln, damit es in Neuss nicht zu einem zweiten Fall wie in Meerbusch kommt." In der Nachbarstadt hatte vor zwei Jahren erst ein Wechsel des Heimbetreibers dazu geführt, dass das Haus nach großen Problemen wieder auf den richtigen Kurs kam. "Auch dort fehlte erst das nötige Personal, dann wurde aber zu lange beobachtet und gewartet", sagt Schell.

 Ingrid Schäfer, Vorsitzende des Demografiebeirates

Ingrid Schäfer, Vorsitzende des Demografiebeirates

Foto: woi

Laut Kreisdirektor Dirk Brügge wird die nächste Kontrolle am 1. Oktober zeigen, ob auch in Neuss ordnungsrechtliche Maßnahmen getroffen werden müssen. "Zwei Überprüfungen sind bereits am 1. Februar und am 1. Juli erfolgt", berichtet er. Welche Altenheime es sind, will er nicht sagen. Nach Informationen unserer Zeitung befindet sich ein Haus in privater Trägerschaft, das andere in Trägerschaft eines Verbandes.

 Werner Schell vom Selbsthilfenetzwerk "Pro Pflege"

Werner Schell vom Selbsthilfenetzwerk "Pro Pflege"

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"Wenn es sich um verantwortungsbewusste Leitungen handelt, werden sie aus eigenem Interesse selbst die Belegungszahlen herunterfahren, um die erforderliche Fachkraftquote wieder herzustellen", sagt Ingrid Schäfer (CDU), Vorsitzende des Demografiebeirates. "Schließlich kann ein Haus mit einer solchen Situation nicht glücklich sein und wird um seinen Ruf bangen."

Einen kleinen Anhaltspunkt für die Qualität eines Heims bieten die sogenannten Transparenzberichte des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK), in denen Noten in fünf Kategorien, unter anderem in "Pflege und medizinische Versorgung", vergeben werden. Sie sind im Internet öffentlich einsehbar. In der Stadt Neuss schwanken die Noten der zwölf Heime im Pflegebereich zwischen "1,0" und "1,7". "Die Noten sind allerdings nur wenig aussagekräftig, weil alle gut bewertet werden", erklärt Werner Schell. "Die Heimleitungen erstellen ihre Dokumentationen so, dass sie der Prüfung des MDK standhalten." Dies sage noch nichts über die tatsächliche Pflegequalität aus. "Es kann sogar passieren, dass ein Heim, in dem sich die Angestellten mehr um die Pflegebedürftigen als um die Dokumentation kümmern, eine schlechtere Note erhält."

Grundsätzlich seien die Pflegestandards in Deutschland sehr hoch, sagt Ingrid Schäfer. Aus eigener Erfahrung - ihre Mutter sei vier Jahre in einem Altenheim gewesen - wisse sie aber um einige Probleme in den Häusern. "Für die Bewohner ist es nicht so wichtig, ob sie von einer Fachkraft oder von einer angelernten Kraft gepflegt werden", sagt sie. "Sie wollen feste Bezugspersonen und nicht ständig wechselndes Personal. Außerdem wollen sie Ansprechpartner, die der deutschen Sprache mächtig sind. Das ist leider oft nicht mehr der Fall."

Der Demografiebeirat setze deshalb auf andere Wohnformen im Zusammenspiel zwischen Jung und Alt, wie sie jetzt in Norf entstehen. "Dort gibt es zum Glück genügend Bewerbungen von Fachkräften", weiß Schäfer. Das gilt auch für das im Bau befindliche Demenzzentrum ("Memory-Zentrum") in der Nordstadt. "Unser Konzept ist für viele Fachkräfte interessant", sagt Christa Bruns, Geschäftsführerin der St.-Augustinus-Seniorenhilfe.

(sug)
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