Neuss Plattenladen jetzt ohne Platten

Neuss · Das Geschäft Platten Schmidt setzt nur noch auf den Kartenvorverkauf.

 Michael Schmidt hält am Namen seines Geschäftes fest, hat sich aber ganz auf den Kartenvorverkauf verlegt.

Michael Schmidt hält am Namen seines Geschäftes fest, hat sich aber ganz auf den Kartenvorverkauf verlegt.

Foto: A. Woitschützke

Bei Platten Schmidt gibt es keine Platten mehr. "Mit Tonträgern kann man nichts mehr verdienen", sagt Michael Schmidt (51), der vor 20 Jahren das 1967 von seinem Vater gegründete Geschäft am Theodor-Heuss-Platz übernommen hat. Am Namen allerdings will er festhalten. "Platten Schmidt ist in der Stadt schon eine Marke", sagt der Inhaber, der sich ganz auf den Verkauf von Theater- und Konzertkarten verlegt hat.

Der Entschluss, sich auf die Hälfte der ehemaligen Verkaufsfläche zurückzuziehen und Schallplatten in jeder Form ganz aus dem Sortiment zu nehmen, ist für Schmidt Ausdruck einer Branche in der Krise. Selbst großflächige Anbieter wie Saturn hätten ihre Angebote in den vergangenen Jahren deutlich reduziert und bieten dort, wo früher nur CDs die Regale füllten, auch DVDs und Filme in Blue-Ray-Technologie an. Andere Anbieter wie der Kaufhof gaben dieses Sortiment schon vor Jahren ganz ab. "Da habe ich länger ausgehalten", sagt Schmidt. Nun aber hat der Boom der Streaming-Dienste im Internet eingesetzt.

Als sein Vater, ein Kenner klassischer Musik, sein Geschäft etablierte, gab es für dieses Segment kaum eine bessere Adresse in der Region. "Vielleicht noch Saturn in Köln", sagt der Sohn. Dieser Glanz ist noch nicht verblasst. Noch immer kommen Kunden zu ihm, die nach Klassikeinspielungen fragen. Aber es sind einzelne - und davon kann niemand leben. Und um das Spektrum an U- und E-Musik einigermaßen abbilden zu können, müsse man einige tausend Titel verfügbar haben, sagt er. Das sei nicht zu leisten.

Schmidts Zugang zur Welt der Unterhaltung führt daher schon seit Jahren auch über den Kartenvorverkaufn. Allerdings ist der gelernte Einzelhandelskaufmann manchmal froh, dass er die Kartenpreise nicht vertreten muss. Denn was da mitunter für ein Ticket verlangt wird, verschlägt auch ihm die Sprache. Vorgestern kamen die Karten für ein Konzert von Rod Stewart in den Handel, und in der teuersten Kategorie werden 201 Euro pro Stück verlangt. "Und der hatte seit 25 Jahren keinen Hit mehr", fügt Schmidt hinzu. Er sei "immer auf der Kundenseite" - und verkauft denen am liebsten "etwas Lustiges". Wenn möglich, verschafft er sich gerne selbst einen Eindruck davon. Die Premiere des Musicals "Phantom der Oper" hat er gerade gesehen.

(-nau)
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