Neuss Politik gegen Trauerfeiern im 30-Minuten-Takt

Neuss · In der neuen Friedhofssatzung werden Trauerfeiern auf 30 Minuten begrenzt. Im jüngsten Umweltausschuss wurde die Stadt dafür scharf kritisiert. Dieses Limit sei jedoch bereits seit Jahren Standard, kontert die Verwaltung.

 Nicht nur für die Trauerhalle auf dem Hauptfriedhof gilt die 30-Minuten-Regel.

Nicht nur für die Trauerhalle auf dem Hauptfriedhof gilt die 30-Minuten-Regel.

Foto: woi

Der Vorschlag der Verwaltung, die Friedhofsgebühren um neun Prozent anzuheben, beschäftigte den Umweltausschuss in seiner jüngsten Sitzung. Doch die Diskussion nutzten einige Mitglieder, um sich über ein neues Detail in der jüngst beschlossenen Friedhofssatzung zu echauffieren: Darin steht nämlich erstmalig, dass Trauerfeiern in Neuss nicht länger als 30 Minuten dauern dürfen.

"Das ist dermaßen pietätlos, ich finde das unmöglich", sagte etwa Stephanie Wellens von der CDU, und führte aus: "Was kommt also nächstes? Läuft die Orgelmusik bald nur noch vom Band?" Etwas vorsichtiger drückte es Stefan Crefeld, ebenfalls CDU, aus: "30 Minuten sind schon sehr sportlich", sagte der 44-Jährige.

Heide Broll von der FDP erinnerte sich mit Schrecken an eine Trauerfeier in Düsseldorf: "Da brach ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung die Trauerfeier tatsächlich nach einer bestimmten Zeit ab - mitten in einer Trauerrede. Ich möchte nicht, dass so etwas in Neuss passiert."

Peter Evertz von der Friedhofsverwaltung beschwichtigte: "So einen Fall wird es in Neuss nicht geben." Viel mehr sei die Begrenzung auf eine halbe Stunde in der Praxis bereits seit Jahren Standard. Umweltdezernent Matthias Welpmann hatte jüngst betont, dass der Bestattungsbetrieb an manchen Tagen und gerade im Innenstadtbereich organisatorisch eng getaktet sei. In der Vergangenheit habe es Einzelfälle gegeben, bei denen Trauerfeiern deutlich länger dauerten als 30 Minuten. "In einer Woche, in der wir viele Bestattungen haben, kann das zu Kollisionen führen", sagte er. Längere Trauerfeiern müssten im Vorfeld abgeklärt werden. Ein Verstoß gegen die Satzung stelle theoretisch eine Ordnungswidrigkeit dar. "Ich sehe keinen Grund, die Satzung zu verändern", sagt Welpmann. Zudem gebe es die Möglichkeit für doppelt so lange Buchungen. Darüber hinaus sei durch den jüngst geschaffenen Freiluftplatz am Rundbrunnen des Hauptfriedhofs ein - günstigeres - Alternativangebot zur Trauerhalle geschaffen worden.

Bestatter Wilfried Odenthal kann die Meinung von Wellens und ihren Kollegen nicht nachvollziehen: "Ich finde die Auslegung nicht problematisch. Ich habe meine Kunden in der Vergangenheit auf das Zeitfenster hingewiesen und werde das auch in Zukunft tun." Auch Michael Ziege (SPD), der die Diskussion im Ausschuss mitverfolgte, findet die Verankerung des Limits in der Satzung konsequent. "Solange es nicht so endet wie in Düsseldorf."

Pfarrer Hans-Günther Korr bestätigte auf Nachfrage, mit 30 Minuten für die Trauerfeiern auch stets ausgekommen zu sein. Und der evangelische Pfarrer Sebastian Pfarrer Appelfeller dreht den Spieß sogar um. "Ich habe mal erlebt, dass ein freier Redner bei einer Trauerfeier zeitlich überzogen hat, während andere Trauergäste in dieser schwierigen Situation draußen warten mussten. Es ist also besser, wenn es klar geregelt ist."

(NGZ)
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