Neuss Politik will Schausteller finanziell entlasten

Neuss · Eine Woche vor dem Neusser Heimatfest kündigt der CDU-Politiker Jörg Geerlings eine Diskussion über die Standgebühren auf Kirmesplätzen an. Die Schausteller geraten vor allem auf den kleinen Kirmesplätzen unter Druck.

 Jeder Zentimeter kostet bares Geld. Das muss auch Michelle Kipp im Blick haben, die mit "Feuer und Eis" auf den Kirmesplatz kommt.

Jeder Zentimeter kostet bares Geld. Das muss auch Michelle Kipp im Blick haben, die mit "Feuer und Eis" auf den Kirmesplatz kommt.

Foto: Woitschützke

Vor nicht einmal drei Jahren hob auch der CDU-Stadtverordnete Jörg Geerlings die Hand für eine neue Gebührenordnung, die die Standgelder für die Kirmesbeschicker um 17 Prozent erhöhte und erstmals auch das Böllern kostenpflichtig machte. "Das war vielleicht etwas zu saftig", sagt der Vorsitzende des Finanzausschusses heute. Eine Woche vor dem Neusser Heimatfest kündigt er deshalb an, zu den Haushaltsplanberatungen im Herbst dieses Zahlenwerk auf den Prüfstand stellen zu wollen. Nicht, um den Schaustellern Gutes zu tun, sondern vor allem den Neusser Kirmesbesuchern. "Die Kosten gerade für Familien dürfen nicht ins Unermessliche steigen", sagt Geerlings.

Die Schausteller sind aber auch ihrerseits offensiv geworden. Sie haben mit der Gebührenordnung ganz andere Probleme, wie Josef Kremer als Sprecher des Schaustellerverbandes Neuss-Grevenbroich erklärt. "Auf guten Plätzen sind wir gerne bereit, ein ordentliches Standgeld zu bezahlen", sagt er mit Blick auf den Neusser Rummel oder die Further Pfingst-Kirmes. Doch in Weckhoven oder Gnadental, wo nur 50 beziehungsweise 35 Prozent von dem aufgerufen wird, was in Neuss zu zahlen ist, sei diese Gebühr nicht mehr zu erwirtschaften, nennt Kremer zwei Gegenbeispiele. Er drängt auf eine Veränderung und hat neben Geerlings ("Wir wollen keine leeren Kirmesplätze riskieren") auch den Deutschen Schaustellerbund an seiner Seite.

Die Krise der Kirmes ist nämlich kein Neusser Phänomen. In Düsseldorf, sagt Kremer, seien viele Kirmesveranstaltungen am Kostendruck bei gleichzeitig sinkender Kundenresonanz "kaputt gegangen". "Spürbare Kostenminimierungen geben wir gerne an Kirmesbesucher weiter", pflichtet ihm Albert Ritter als Präsident des Bundesverbandes zu. Doch Sicherheitsauflagen, Bürokratieaufwand, die Debatte um Dieselautos oder die Tatsache, dass Schausteller als "minderjährige Stromabnehmer" immer den teuren Baustromtarif zahlen müssten, ließen dazu immer weniger Handlungsfreiräume. Man habe das Thema aber an die Politik herangetragen und "sehr positive Resonanz" erfahren, sagt Ritter. Er gibt zu, dass die Gebühr für die Neusser Kirmes im Vergleich mit anderen Städten "eher im unteren Segment" liegt. Aber die kleineren der 19 Plätze in Neuss wären problematisch.

Weil es sich bei den Schaustellern um Gewerbetreibende handelt, muss die Stadt die für sie erbrachten Dienstleistungen mit einer kostendeckenden Gebühr refinanzieren. Genau das war ja der Grund, warum 2015 - zum ersten Mal seit 2001 - an der Gebührenschraube gedreht wurde. Das weiß Geerlings, der einen anderen Ansatz sucht: Man müsste jede der 19 Kirmesveranstaltungen neu bewerten und auch die Kundenfrequenz analysieren, sagt er und will diese Pauschalen für die kleinen Plätze hinterfragen.

Arno Jansen (SPD) hatte schon 2015 vor der Gebührenerhöhung und den Folgen gewarnt. Die Probleme seien absehbar gewesen, sagt er. "Blöd, dass wir Recht hatten."

(-nau)
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