Neuss Polka, Wodka, Popolski: Eine etwas schräge Musikgeschichte im RLT

Neuss · Am Anfang war die Polka. Und weil sein Großvater ein begnadeter Musiker war, der die Grundlage für 90 Prozent aller internationalen Tophits schuf, hat Pawel Popolski eine Mission: Er will das Erbe seines zeitlebens unbekannt gebliebenen Opas bekannt machen. Also schleppt er die alten Möbel des Musikpioniers aus der kleinen Wohnung in der elften Etage eines Plattenbaus im heimischen Zabrze ins Auto und karrt sie die rund 1000 Kilometer rüber in "The Polka-City of Neuss". Ein bisschen museal soll es auf der Bühne schließlich zugehen, wenn er in "der historischer Mehrzweckhalle", gemeint ist das RLT, munter und wodkatrunken aus der Musikgeschichte plaudert. Dort war Pawel Popolski alias Achim Hagemann, jetzt mit dem Programm "Der wissen der wenigste" zu Gast.

 Ehrenrettung für den Opa: Pawel Popolski im RLT.

Ehrenrettung für den Opa: Pawel Popolski im RLT.

Foto: D. Sommerfeld

Drei Dinge gelten dabei. Erstens: Es findet sich immer eine Gelegenheit für einen kleinen Wodka zwischendurch. Nastruvko! Zweitens: Popolski zelebriert das charmant-gebrochene Deutsch und beschränkt sich der Einfachheit halber auf einen bestimmten Artikel: der. Die und das braucht er nicht, weg damit. Und drittens: Die Polka stand nicht nur am Anfang der Popmusik ("Popolski-Musik"), sie thront in Popolskis wunderbar fantasievoller wie durchgeknallter Musik- und Familiengeschichtsschreibung über allem. Es ist vor allem eine Frage der Energie. "Da geht sofort der Post ab durch der Decke", betont Popolski.

Am Schlagzeug demonstriert er, weshalb die Polka allen anderen Musikrichtungen überlegen ist. Der Wiener Walzer? Da hat nur ein betrunkener Wiener Komponist uninspiriert stibitzt. Und der Jazz? "Bei der Jazz falle ich direkt in der Tiefschlafphase!"

Es ist ein äußerst unterhaltsamer Abend, den Achim Hagemann in seiner Paraderolle im ausverkauften RLT gestaltet. Zu Beginn gibt's eine Saalrunde Wodka für alle samt Einleitung in die polnische Trinkkultur, dann werden die musikalischen Bestandteile der Polka seziert. Am Kofferschlagzeug, am Klavier. Popolski sitzt da, er liebt die Töne, allesamt, "bis auf der böse Fis". Es sei schließlich kein Zufall, dass "der Fis" auch in Mephisto und Fiskus vorkomme - nur der Teufel und das Finanzamt seien nicht fies vor dem Fis.

Sein aktuelles Programm besteht aus zwei Teilen. Zunächst erzählt Popolski viel, es geht in die Familiengeschichte; im zweiten Teil kommt seine Cousine und Sexbombe Dorota auf die Bühne, gemeinsam werden eine ganze Reihe Tophits - natürlich alle geschrieben von Opa Piotrek Popolski - gespielt. Zwischendurch gibt's die vom Polkaüberwachungsverein (PÜV) vorgeschriebene Wodka-Pause - und am Ende reichlich Beifall.

(NGZ)
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