Neuss Rat ruft Millionen bei Stadtwerken nicht ab

Neuss · Enge Mehrheitsverhältnisse im Rat - und keine klaren Beschlüsse mehr. Bürgermeister Reiner Breuer spricht von "Koalitionschaos".

Stadtwerkevorstand Stephan Lommetz hat über Nacht sechs Millionen Euro gespart. Denn weil der Beteiligungsausschuss am späten Dienstagabend auch in zwei Abstimmungsverfahren nicht in der Lage war, als Gesellschafterversammlung einen Gewinnverwendungsbeschluss zu fassen, bleibt das Geld, wo es verdient wurde. Zumindest bis auf weiteres.

Bürgermeister Reiner Breuer hat für die kuriose Situation eine Übersetzung: "Koalitionschaos". CDU und Grüne, die ihm mit ihrer Mehrheit schon mehr als einmal das Leben sauer gemacht haben, seien nicht in der Lage gewesen, diese bei diesem doch wichtigen Thema, wie Breuer es ausdrückt "zur Wirkung zu bringen". Das führt nicht nur dazu, dass es keine klare Anweisung an die Stadtwerke-Geschäftsführung gibt, den Großteil des Unternehmensgewinns von 8,7 Millionen Euro an die Stadtkasse zu überweisen. Auch der Jahresabschluss des städtischen Tochterunternehmens kann nicht wirksam werden. Eine peinliche Hängepartie, die die CDU-Fraktionsvorsitzende Helga Koenemann nicht kommentieren möchte. Die Versammlung hätte schließlich nicht-öffentlich getagt.

Dass es im Ausschuss zweimal ein Patt und damit keinen positiven Beschluss gab, unterstreicht einmal mehr, wie eng die Mehrheitsverhältnisse im Rat sind. So eng, dass beim Streit um die Gebührensätze für die Offene Ganztagsschule der Streit um die mögliche Befangenheit eines CDU-Stadtverordneten auch (und vor allem) ein Versuch war, die Koalitionsmehrheit zu kippen. Daran, dass der Rat durch solche Blockadepolitik handlungsunfähig wird, glaubt Koenemann trotzdem nicht. Die meisten Beschlüsse, betont sie, würden einstimmig und mit großer Mehrheit gefällt.

Umgekehrt gibt es aber auch keine Mehrheit gegen die CDU. Das zeigt auch die Abstimmung im Beteiligungsausschuss. Dort regte die Koalition an, auf eine einmalige Bonus-Zahlung der Stadtwerke in Höhe von drei Millionen Euro zu verzichten. Begründung: Durch die unerwarteten 152 Steuermillionen der Firma Johnson & Johnson habe die Stadt schon jetzt so viel Geld auf dem Konto, dass Tag für Tag 1000 Euro Strafzinsen fällig werden. Da wolle man diese Summe nicht noch vergrößern.

Für den Vorschlag, auf drei Millionen zu verzichten und "nur" die normale Gewinnausschüttung in gleicher Höhe einzustreichen, fand sich im Ausschuss keine Mehrheit. Aber auch der Antrag, die sechs Millionen zu nehmen, die die Stadtwerke für vertretbar gehalten und der Aufsichtsrat schon freigegeben hatte, ging am Ende nicht durch.

Breuer irritiert das Vorgehen der Koalition, weil mit Verabschiedung des Haushaltes im Dezember die sechs Millionen Euro der Stadtwerke fest eingepreist worden seien. An diesen Beschluss, stellt Breuer fest, "scheinen sich CDU und Grüne nicht mehr gebunden zu fühlen."

(-nau)
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