Neuss Reform macht Tagespflege attraktiver

Neuss · Der erste Teil der Pflegereform ist verabschiedet. Tagespflegeeinrichtungen können davon profitieren. In Neusser Altenheimen bleibt die große Freude aber aus, weil vorerst nur die Zahl der Alltagsassistenten aufgestockt werden kann.

 Wer betreut werden muss, wünscht sich nicht nur die richtige Pflege, sondern auch Beschäftigung und menschliche Zuwendung. Dafür sorgen insbesondere Alltagsassistenten.

Wer betreut werden muss, wünscht sich nicht nur die richtige Pflege, sondern auch Beschäftigung und menschliche Zuwendung. Dafür sorgen insbesondere Alltagsassistenten.

Foto: Jürgen Bosmann

Examinierte Fachkräfte in der Altenpflege sind rar. "Vor einigen Wochen haben wir per Anzeige eine Fachkraft gesucht", berichtet Nicole Solenksi, Leiterin des Altenheims Immaculata der Neusser Augustinerinnen. Der erhoffte Bewerberansturm sei jedoch ausgeblieben. "Pflegehilfskräfte gibt es dagegen jede Menge."

Auf die setzt der von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) verkündete erste Schritt der Pflegereform. Demnach können Pflegebedürftige und ihre Angehörigen mehr und flexiblere Hilfen beantragen. Für Heimbewohner soll die Zahl der Betreuer erhöht werden.

Die will man auch im Altenheim Immaculata nutzen. "Wir werden die Zahl unserer Alltagsassistenten aufstocken", sagt Solenksi. "Wenn sie mit Demenzkranken Frühstück oder andere Haushaltstätigkeiten machen und ihnen dadurch eine Tagesstruktur geben, sind sie eine große Hilfe für unsere Pflegekräfte." Das Grundproblem der Altenpflege ändere sich dadurch jedoch nicht.

"Der Pflegeschlüssel hat nichts mehr mit der Realität zu tun", ärgert sich auch Karen Rothenbusch, die bei der Diakonie Neuss-Süd das Heinrich-Grüber-Haus, das Kurt-Burckhardt-Haus und den ambulanten Pflegedienst leitet. "Die Menschen kommen immer später, immer kränker in ein Heim und haben demzufolge einen zunehmenden behandlungspflegerischen Bedarf. Die Reform wird Verbesserungen bringen, aber weitestgehend im ambulanten und teilstationären Bereich", sagt sie. Dort werde man natürlich die Möglichkeit nutzen, das Personal aufzustocken.

Auch Marcus Mertens von der Heimaufsicht des Rhein-Kreises sieht in der Reform "keinen großen Durchbruch". "Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber kein Geldsegen", sagt er. "Die Pflegekräfte werden durch die Alltagsbegleiter etwas entlastet, dennoch werden weiterhin mehr Pflegekräfte gebraucht."

Er glaubt allerdings, dass durch den ersten Reformschritt die Tagespflege interessanter werden könnte. Dort werden Pflegebedürftige stundenweise betreut, um Angehörige zu entlasten. Erst vor kurzem seien rund fünf Tagespflegeeinrichtungen hinzugekommen, so dass es im Rhein-Kreis nun neun gebe, zwei davon in Neuss. "Da könnte sich ruhig noch etwas tun", sagt Mertens. Denn der Bedarf steige im Zuge der älter werdenden Bevölkerung.

Sorge bereite dem Rhein-Kreis das Überangebot an stationären Dauerpflegeplätzen, denn der Pflegemarkt ist ein freier Markt. "Das wird die Versorgungsqualität beeinflussen", glaubt der Mitarbeiter der Sozialamtes. "Leider können wir dies als Kreis nicht steuern." Als Heimaufsicht dürfe man nur eingreifen, wenn es irgendwo Mängel gebe. Künftig sei man auch - wie früher - wieder für die Tages- und Kurzzeitpflegehäuser zuständig, sagt Mertens. Dort seien ihm bislang keine Mängel bekannt. Eine Beruhigung für pflegende Angehörige. "Schließlich sollen sie durch die teilstationären Angebote unterstützt werden", sagt Mertens.

(NGZ)
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