Neuss RLT-Trägerverein 2017 mit neuer Spitze

Neuss · Bis Ende des Jahres ist Bertold Reinartz Vorsitzender des RLT-Trägervereins. Nach 20 Jahren will er 2017 nicht wieder kandidieren. Er übergibt dann eine Bühne, die er derzeit auf dem Höhepunkt ihres künstlerischen Erfolges sieht.

 Das RLT an der Oberstraße.

Das RLT an der Oberstraße.

Foto: Woi

Die zwei Jahrzehnte an der Spitze des RLT-Trägervereins macht Bertold Reinartz noch voll - und dann geht er. "20 Jahre reichen", sagt er lächelnd, "bis Ende des Jahres bin gewählt, aber dann werde ich nicht mehr kandieren." Allerdings will er vorher schon an der Nachfolge arbeiten und legt dabei großen Wert darauf, dass jemand gefunden wird, der nach "übereinstimmender Willensbildung" sowohl des Rates wie auch des Bürgermeisters kandidieren wird. "Das ist vor allem für das Theater wichtig", ergänzt er.

Neuss: RLT-Trägerverein 2017 mit neuer Spitze
Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Abgestimmt wird jedoch im Vorstand des Trägervereins, zu dem auch Vertreter diverser anderer Kommunen gehören. "Aber es ist dort noch nie etwas gegen die Stadt Neuss beschlossen worden", sagt der Noch-Vorsitzende und ehemalige Neusser Oberbürgermeister, der 1996 gewissermaßen als Vertreter der Sitz-Stadt Neuss in den Vereinsvorstand entsandt wurde. Muss es also wieder jemand aus der Politik sein? "Nicht zwingend", sagt Reinartz und ergänzt schmunzelnd: "Zumal da es ein rein ehrenamtlicher Job ist, für den nicht mal eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird."

Wenn Reinartz Ende des Jahres abtritt, übergibt zwar Dauerprobleme, auch auch ein vor allem künstlerisch gut aufgestelltes Theater. Drei Intendanten hat er erlebt, die aktuelle Theaterleiterin Bettina Jahnke "macht ihre Arbeit perfekt", sagt er und bezieht dabei ausdrücklich RLT-Verwaltungschef Dirk Gondesen ein. Derzeit stehe das RLT auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Erfolges, meint Reinartz und ergänzt: "Jahnke ist dabei fehlerlos." Zudem lobt er das Engagement der RLT-Spitze Jahnke/Gondesen, in den Trägervereinskommunen unermüdlich für das eigene Haus zu werben. "Die Situation wird nicht einfacher", sagt er, "denn vielen Gemeinden und Städten geht es schlechter als Neuss, und als erstes sparen sie dann an kulturellen Veranstaltungen."

Damit hat Reinartz auch schon ein Problem benannt, das für das Landestheater vermutlich auch in Zukunft anhält. Denn für das RLT sind derzeit in einer 2009 geschlossenen Zielvereinbarung mit dem Land NRW "bei entsprechender Marktsituation 100 Vorstellungen im regionalen Spielgebiet und 100 Vorstellungen am Sitzort Neuss" angepeilt.

Für 2015 wurde das Ziel so gut wie erreicht. 430 hauseigene Vorstellungen, Gastspiele und Veranstaltungen mit rund 50.500 Besuchern sind für Neuss aufgeführt, 82 Abstecher mit knapp 23.000 Besuchern außerhalb. 2014 waren es noch 96 Abstecher mit knapp 26.700 Besuchern. "Aber das war ein extrem gutes Jahr", sagt Reinartz. Zusammen mit den Vermietungen (45) an hausfremde Nutzer und deren Besuchern ergibt das 2015 eine Gesamtbilanz von 557 Veranstaltungen mit 88.500 Besuchern. Damit liegt die Besucherzahl um 10.000 unterhalb der von 2014 bei damals 523 Veranstaltungen. Den größten Einbruch hat es 2015 indes bei den Vermietungen gegeben: Deren Besucherzahl sank von 21.200 in 2014 auf 15.100 in 2015.

Gleichwohl hat das Landestheater über die Jahre rund 525.000 Euro an Rückstellungen (Zahl von 2014) geschaffen, aber sie seien auch erforderlich, sagt Reinartz. Nicht nur, um Reparaturen oder Tariferhöhungen auszugleichen. "Ein Theater befindet sich im permanenten Insolvenzrisiko", sagt Reinartz, "denn es schließt Verträge für kommende Spielzeiten ohne zu wissen, ob die Zuschüsse in der erhofften Höhe auch wirklich kommen." So hat das Theater natürlich erfreut registriert, dass die Kulturpolitiker im Haushalt des Gebäudemanagement Neuss (GMN) 60.000 Euro für die dringend notwendige Reparatur des Bühnenbodens eingestellt sehen wollten, "aber wir wissen noch nicht, ob das auch so geschieht", sagt Reinartz.

Das Land trägt 43 Prozent des Finanzierungsbedarfs der Bühne - derzeit sind das inklusive Miete an den Bauverein 6,2 Millionen Euro. 41,2 Prozent steuert die Stadt Neuss zu, 15,8 Prozent erwirtschaftet das Theater selbst. Überhaupt hat das Rheinische Landestheater eine "außergewöhnlich positive Entwicklung bei den Eigeneinnahmen" gemacht, wie schon ein Bericht für den Kulturausschuss festhält.

Dabei hat sich das RLT mit dem Theatercafé "Diva" einen zusätzlichen Kostenfaktor aufgebürdet, dessen Umsatz zurzeit auch noch "25 Prozent unter unseren Erwartungen liegt", sagt Reinartz. Auch die Familie des mitbetreibenden Restaurants Los Morettos findet, "der Umsatz könne höher sein", erzählt er weiter, aber gleichwohl stehe für das Theater wie für die Gastronomen fest, zunächst weiterzumachen. Im Vorstand habe man den Beschluss gefasst, zu reagieren, "wenn die Zahlen nachhaltig und deutlich schlechter werden". Dann erst werde der Trägerverein zum Mai von dem Sonderkündigungsrechtsrecht (zum Ende des Jahres) Gebrauch machen.

(hbm)
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