Neuss Schmuggler-Bande hatte Lager in Neuss

Neuss · Vor dem Augsburger Landgericht hat gestern der Prozess gegen eine 21-köpfige Bande begonnen. Auf der Anklagebank sitzt auch ein 21-jähriger Neusser. Er soll für die Umverteilung von Zigaretten und Parfüm verantwortlich gewesen sein.

 Der Zoll zeigt einen Teil der sichergestellten Ware. Zollfahnder aus München und Nürnberg kamen Anfang 2014 auf die Spur einer vorwiegend türkischstämmigen Schmugglerbande.

Der Zoll zeigt einen Teil der sichergestellten Ware. Zollfahnder aus München und Nürnberg kamen Anfang 2014 auf die Spur einer vorwiegend türkischstämmigen Schmugglerbande.

Foto: Zoll

Die Enthüllungen der Panama-Papiere, im April von Medien weltweit publiziert, haben den Steuerbetrug durch Briefkastenfirmen in Übersee ins Rampenlicht geholt. Doch auch mit dem klassischen Schmuggel von Waren lässt sich noch immer viel Geld verdienen. Bayerische Zollfahnder haben unter dem bezeichnenden Codenamen "Fugger" eine internationale Bande von Schmugglern auffliegen lassen. Ihre 21 Mitglieder sollen den Staat um Steuereinnahmen von rund 6,2 Millionen Euro betrogen haben. Gestern begann vor dem Augsburger Landgericht der erste Prozess gegen sechs Tatverdächtige. Ümit S. (27), ein in Neuss lebender Türke, wartet allerdings noch auf seinen Verhandlungstermin.

Den Angeklagten, die zum Auftakt schwiegen, wird bandenmäßiger und gewerbsmäßiger Betrug in 22 Fällen vorgeworfen. Der Neusser soll an drei Fällen aktiv beteiligt gewesen sein - und hat das bei seiner polizeilichen Vernehmung auch eingeräumt. Die Staatsanwaltschaft hat im Vorfeld des Prozesses angedeutet, dass ihnen Haftstrafen bis zu sechs Jahren drohen.

Nach Erkenntnissen der Ermittler sind seit 2011 gefälschte T-Shirts und Polohemden, gefertigt in der Türkei, in Lastzügen nach Augsburg gebracht worden, wo sie in einem Lagerhaus in kleinere Fahrzeuge umgeladen wurden. Zollfahnder beschlagnahmten dort und anderswo 60.000 Markentextilien sowie 260.000 gefälschte Parfüms.

Laut Anklage hat die Bande, die in unterschiedlicher Zusammensetzung agierte, auch Zigaretten und Wasserpfeifentabak geschmuggelt. Von den Vereinigten Arabischen Emiraten aus wurden sie in Schiffscontainern auf dem Seeweg nach Antwerpen und Rotterdam transportiert, versteckt in Kartons, welche die Aufschrift "Datteln" trugen. Eingeweihte Spediteure fuhren, wie beschlagnahmte Frachtpapiere belegen, die Tabakwaren nach Düsseldorf, Krefeld, Neuss und Ratingen in dortige Zwischenlager. Von dort aus wurde sie unter anderem nach Großbritannien weiterverkauft. Der Zoll konnte zwei Tonnen Wasserpfeifentabak beschlagnahmen.

Von den Angeklagten, überwiegend mit türkischen Wurzeln, sitzen einige schon seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft. Einer von ihnen befindet sich in England in Auslieferungshaft. Wie am Rande des Augsburger Prozesses bekannt wurde, ist es pikanterweise eine Diebstahlanzeige gewesen, welche die Zollfahnder auf die Spur der Täter brachte. Ein Spediteur, dem ein Lastzug mit geschmuggelter Ware geklaut wurde, hatte bei der Polizei Anzeige erstattet.

Am vierten Oktober beginnt der nächste Schmuggelprozess mit drei weiteren Angeklagten. Der Neusser Ümit S., ein bislang nicht vorbestrafter Bürokaufmann, soll an drei Fällen beteiligt gewesen sein, bei denen Einfuhrabgaben in Höhe von einer Million Euro hinterzogen wurden. Konkret soll der Neusser, den ein Münchner Anwalt vertritt, mit anderen in einem Lager in Mönchengladbach für die Umverteilung von Parfüms und Wasserpfeifen-Tabak verantwortlich gewesen sein.

(NGZ)
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