Neuss Schüler machen gegen Cyber-Mobbing mobil

Neuss · Ein Projekt zum Thema "Neue Medien" an der Gesamtschule Norf entwickelte sich schnell zu einer Kampagne gegen Mobbing.

 Die Fünft- und Sechstklässler mit den Ergebnissen ihres Projekts "Neue Medien". Dabei behandelten sie auch das Thema "Cyber-Mobbing".

Die Fünft- und Sechstklässler mit den Ergebnissen ihres Projekts "Neue Medien". Dabei behandelten sie auch das Thema "Cyber-Mobbing".

Foto: Lothar Berns

Dass fast alle Fünft- und Sechstklässler der Schule schon ein Smartphone haben, hat Lehrerin Svenja Thomas nicht überrascht. Wie früh die jungen Schüler aber ihre ersten Erfahrungen mit Cyber-Mobbing - dem teilweise öffentlichen Schikanieren über soziale Medien wie WhatsApp, Twitter und Facebook - machen, fanden Thomas und ihre Kollegin Elisabeth Klein bedenklich. Um den Kindern an der Gesamtschule Norf ein Bewusstsein für die Risiken und den richtigen Umgang in der digitalen Welt zu vermitteln, starteten sie vor zwei Monaten ein Projekt, bei dem nicht nur die Schüler dazulernen.

Obwohl es im Kleingedruckten des Online-Messengers WhatsApp heißt, dass er ab 16 Jahren zugelassen ist, erlauben viele Eltern ihren Kindern die Nutzung. Kaum wegzudenken ist die App mit dem grünen Telefonhörer-Symbol auch aus dem Alltag der Norfer Schüler, obwohl sie ihr Smartphone während der Schulzeit ausschalten müssen. Über Gruppen-Chats tauschen sie sich über Unterricht, Freunde und die Pläne für den Nachmittag aus - und manchmal wird der Ton rau. "Manche Schimpfwörter würden die Leute nicht benutzen, wenn sie sich gegenüberstehen würden", sagt die zehnjährige Carlotta. Mitschüler Julian (10) erlebte, wie zwei Freundinnen sich über WhatsApp stritten. Dabei soll eine der beiden bald regelmäßig Bilder der anderen mit dem Kommentar "Guck mal, wie hässlich die ist" in die Gruppe gestellt haben. Fast jeder der Schüler im Projekt hat solche Geschichten zu erzählen: Über Messenger sei es leichter, Kinder auszugrenzen, Streits würden schneller eskalieren und Dinge oft anders verstanden, als sie gemeint waren.

"Wir wollen neue Medien nicht verteufeln", sagt Lehrerin Thomas. "Es ist aber wichtig, neben den Vorteilen auch die Gefahren zu kennen." Eine Umfrage, die sie unter ihren Sechstklässlern gemacht hat, zeigt, dass viele schon einmal über WhatsApp gemobbt wurden. Allerdings seien es teilweise dieselben Kinder gewesen, die auch selbst schon gemeine Dinge über ihre Mitschüler geschrieben haben.

Damit die Kinder wissen, wie sie Mobbing entgegentreten können, ließen Klein und Thomas sie Videos, Wandzeitungen, Mappen und ein kleines Regelwerk entwickeln. Ein Punkt steht darin weit oben: "Alles, was mit Cyber-Mobbing zu tun hat, sollte man melden." Das bekräftigt auch Thomas: "Hilfe holen, Eltern und Lehrer ansprechen. Man darf sich nicht unter Druck setzen lassen oder verstecken." Aufklärungsbedarf bestehe aber nicht nur bei den Kinder: Die Umfrageergebnisse gaben auch Hinweise darauf, dass einige Eltern wenig Interesse daran zeigen, wie viel und womit sich ihre Kinder eigentlich auf Facebook, Youtube und WhatsApp beschäftigen. "Diese Dinge sind aber ein großer Bestandteil der Welt der Kinder", betont Thomas.

Da Kinder teilweise schon in der dritten Klasse beginnen, Smartphones, WhatsApp und Facebook zu nutzen, sei es wichtig, so früh wie möglich mit Medienerziehung zu beginnen und zum Beispiel auch über Kettenbriefe aufzuklären. Obwohl viele Schulen zum Beispiel durch Handy-Verbote eine gewisse Distanz zum Thema signalisieren, kann dieser Auftrag laut Thomas nicht allein bei den Eltern liegen.

(bur)
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