Neuss Schüler werden zu "Straßenkindern"

Neuss · Unter dem Motto "Sichtwechsel" versetzten sich gestern 23 Mädchen und Jungen des Humboldt-Gymnasiums in die Rolle von Kindern aus den Armenvierteln Mosambiks - mit ihrer Hilfe sollen sie individuelle Förderungen erhalten.

 Schuhe putzen, Selbstgebasteltes verkaufen, musizieren: Die Schüler des Humboldt-Gymnasiums verrichteten für Straßenkinder übliche Aufgaben.

Schuhe putzen, Selbstgebasteltes verkaufen, musizieren: Die Schüler des Humboldt-Gymnasiums verrichteten für Straßenkinder übliche Aufgaben.

Foto: woi

Rund 100 Millionen Straßenkinder gibt es weltweit. Sie haben keine Chance auf Schulbildung oder die Möglichkeit, zum Arzt zu gehen. Um einen Fokus auf diese Schicksale zu legen, hat sich das Humboldt-Gymnasium jetzt zur Teilnahme an einem besonderen Projekt entschlossen.

23 Schüler versetzten sich gestern unter dem Motto "Sichtwechsel" in die Lage von Straßenkindern. Aufgaben, die bettelarme Mädchen und Jungen täglich verrichten müssen, um ein wenig Geld für Nahrung zu haben und ihre Familien zu unterstützen, standen gestern unter anderem auf dem Programm. "Manche putzen Schuhe, machen Musik oder verkaufen verschiedene Dinge, die sie zuvor im Unterricht gebastelt haben", sagt der 14 Jahre alte Jonas. So konnten sich Passanten, die sich zu einer Spende entschlossen, unter anderem einen Holznikolaus, Badesalz oder auch selbstgebastelte Weihnachtskarten mitnehmen.

Das Geld wird der Kinderhilfsorganisation "terre des hommes" zur Verfügung gestellt. Die Spenden fließen in das Projekt "Meninos de Mocambique", ein Schutzzentrum für Straßenkinder in Maputo, der Hauptstadt von Mosambik. "Dort leben besonders viele Straßenkinder", erklärt Gerd Faruß von "terre des hommes". Durch die Spenden sollen 300 Mädchen und Jungen eine individuelle Förderung sowie Schulmaterialien erhalten. "Es ist wichtig, dass sie lesen und schreiben lernen, damit sie einen Weg aus der Armut finden", sagt Faruß. Auch eine gesundheitliche Versorgung solle so sichergestellt werden.

Sabrina Filmar ist Erdkunde-Lehrerin für die 9. Klassen des Humboldt-Gymnasiums und hat das Projekt in Kooperation mit der Kinderhilfsorganisation umgesetzt. Es bildete den Abschluss der zuvor durchgenommenen Unterrichtsreihe "Eine Welt - ungleiche Welt", die die weltweiten Disparitäten zwischen Menschen aufzeigen sollte. "Mit diesem Projekt sollen die Handlungskompetenzen der Schüler gefördert werden. Es geht darum, sich in die Lage der Straßenkinder hineinzuversetzen", sagt die Lehrerin. Die Kooperation zwischen "terres des hommes" und dem Humboldt-Gymnasium ist nicht neu. So gab es in der Vergangenheit unter anderem bereits ein gemeinsames Projekt, das Flüchtlingskindern zugute kam.

Teil des Straßenkinder-Projektes ist auch, dass nicht alle Erfahrungen, die die Schüler machen, positiv sind. Das mussten auch Vera, Samira und Fee feststellen. "Es ist seltsam, wenn man Menschen anspricht, nach einer Spende fragt, und sie einen ignorieren", sagten die drei 15-Jährigen. Musikalische Unterstützung gab es von Kenan (Keyboard) und Matthias (Gitarre). "Wir spielen verschieden Styles - Jazz oder Flamenco. Es ist ein gutes Gefühl, so den Kindern helfen zu können", sagt der 15 Jahre alte Matthias. Eine Auffälligkeit, die Samira und ihre Freundinnen feststellten: "Jüngere Menschen sind eher zu einer Spende bereit als ältere. Viele sagen auch, dass sie arbeitslos sind und deshalb nicht spenden können", sagt die 15-Jährige.

(NGZ)
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