Neuss Sehnsucht nach Frieden in Musik und vokaler Kunst ausgedrückt

Neuss · "Macht - Kirche - Staat?" - eine überaus brisante Mischung. Somit auch eine gehaltvolle Basis für eine zugkräftige Fragestellung. Doch als Thema für eine Kirchenmusikwoche? Das Eröffnungskonzert für die 57. Kirchenmusikwoche Neuss in der Evangelischen Christuskirche bezeugte indes eindrucksvoll, wie gut es funktionieren kann, sich zumindest auf einen bestimmten Aspekt dieses Themenkomplexes musikalisch zu beziehen: die Sehnsucht nach Frieden in allen Zeiten im Kontext von Krieg und Machtfragen.

Unter der gewissenhaften Leitung von Katja Ulges-Stein widmete sich die Kantorei der Christuskirche, unterstützt von Projektsängern und profund instrumental umrahmt von dem Orchester Düsseldorfer Altstadtherbst, "Friedensklängen". Solistisch ergänzt von der zart fokussierten Sopranstimme von Elisa Rabanus, der schön geführten, angenehm markanten Stimme von Angela Froemer (Alt), dem licht singenden Tenor Wolfgang Klose und nicht zuletzt dem angenehm schlanken, auch in den Höhen treffsicheren Bass von Menno Koller.

Nach Bachs Kantate "Du Friedefürst Herr Jesu Christ" - unter anderem mit einem besonders feingeistigen, durch das Continuo (mit Wolfgang Weber) begleiteten Solo-Terzett - erklang mit Johann Erasmus Kindermanns (1616-1655) "Musicalische Friedens Seufftzer" eine wahre Rarität. Die Solisten formten in den Teilen eins bis fünf mit viel Einfühlungsvermögen in wechselnden Konstellationen, von schön gestaltetem Generalbass umrahmt, die zu Tage tretende Trauer über Krieg und seine Folgen und die damit verbundene Sehnsucht nach Frieden in vokale Kunst. Ein besonders sprechendes, in Musik manifestiertes Dokument der seelischen Nöte jener Zeit und ihrer Weltsicht.

Ähnlich sprechend steht Naji Hakims (*1955) "Die Taube" für Sopran und Streichorchester für die Sehnsüchte unserer heutigen Zeit. Mit wohlgefügten, sanft emotional aufgeladenen Klängen ließ er Sopranistin Elisa Rabanus über fein gestrickte Klangteppiche schweben. Auch tiefgründigere Momente trafen sowohl der Komponist wie auch die Ausführenden mit charmant illustriertem Klanggefüge, das sich unterm Strich indes doch recht brav ausmachte.

Charpentiers "Te Deum" bildete einen fulminanten Abschluss, bei dem nach dem Prélude - bekannt als Eurovisionsfanfare -, sich auch noch mal der Chor mit bemerkenswert massiver Stimmkraft präsentieren konnte. Dabei trägt die Akustik der Kirche recht gut, weniger Druck hätte vollkommen ausgereicht. Doch dies alles schmälerte keinesfalls die - auch chorische - Qualität der engagiert geleiteten Aufführung.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort