Neuss Senf und Mayonnaise aus dem Neusser Hafen

Neuss · Im Thomy-Werk werden im Jahr rund 40 000 Tonnen Feinkost-Produkte für den deutschen Lebensmittelmarkt produziert.

 Werkleiter Frank Weber und Mitarbeiterin Neziha Okyar (seit 25 Jahren im Werk) schauen sich im Neusser Thomy-Werk den reibungslosen Ablauf in der Abfüllanlage für Remoulade in der Squeeze-Flasche an.

Werkleiter Frank Weber und Mitarbeiterin Neziha Okyar (seit 25 Jahren im Werk) schauen sich im Neusser Thomy-Werk den reibungslosen Ablauf in der Abfüllanlage für Remoulade in der Squeeze-Flasche an.

Foto: Andreas Woitschützke

Die Roboterarme zucken über das Fließband, greifen eine Mayonnaise-Tube nach der anderen, die aus der Abfüllanlage angefahren werden. 300 Tuben (250 Milliliter) in der Minute nehmen sie, stellen sie richtig herum in die Verpackungen - und sie sortieren Fehlware aus. So sieht das Ende der Herstellungskette für Mayo in der Tube im Neusser Thomy-Werk aus. Eine Etage weiter unten rasen die Remoulade-Flaschen aus der Abfüllung über das Fließband, bekommen ihr Etikett, die Codierung - und landen im Karton. Die Produktion von Feinkostlebensmitteln ist hochtechnologisiert. Historisch am Thomy-Werk auf der Hafenmole I sind allenfalls Gemäuer und Standort.

Seit 1913 produzierte zunächst die Kornfranck GmbH in dem Werk Kaffeemittel (Malzkaffee). 1956 begann die Feinkostfabrikation, der Start für den Delikatess-Senf, der bis heute Thomys Verkaufsklassiker ist. Die Marke ist heute eine der bekanntesten auf dem gesamten deutschen Lebensmittelmarkt. In Neuss, dem wichtigsten Werk der Marke in Deutschland, werden im Jahr 35 Millionen Tuben und zehn Millionen Gläser Delikatess-Senf hergestellt. 20 000 Tonnen Öl (das vor allem vom Nachbarn Thywissen angeliefert wird) wird verarbeitet und abgefüllt, 10 000 Tonnen Senf, 10 000 Tonnen Mayonnaise und etwa 3000 Tonnen Soßen und andere Spezialitäten werden hergestellt in einer fein abgestimmten, hocheffizienten Produktion. "Die Prozesse sind stark automatisiert, die Arbeit hat sich dementsprechend in Richtung Steuerung und Qualitätskontrolle entwickelt", sagt Frank Weber, der das Werk seit August 2012 für den Lebensmittelkonzern Nestlé leitet. Zuletzt investierte das Unternehmen eine Million Euro in eine neue Abfüllanlage für Squeeze-Flaschen aus Kunststoff.

Trotz des Zuwachses an Technik hat sich auch die Mitarbeiterzahl in den vergangenen Jahren erhöht. Im Moment arbeiten rund 240 Beschäftigte in dem Werk. Sie steuern die Produktion, arbeiten in der Küche an neuen Rezepturen, sie setzen in einer Entwicklungsgruppe Innovationen aus dem Konzern für den deutschen Markt um und erproben die effiziente Herstellung. Und sie sind vor allem dafür zuständig, dass die Produkte den eigenen Qualitätsanforderungen genügen. In Labors untersuchen Lebensmittelchemiker auf verschiedenste Parameter, unter anderem wird dort auch die Keimfreiheit sichergestellt. Und zum Schluss gibt es immer noch sensorische Kontrollen, unter anderem wird das Ergebnis noch einmal verkostet. Das kann auch Handarbeit bedeuten: Bei der Remoulade wird etwa die Zahl der enthaltenen Kräuter per Hand abgezählt. Rund 250 Qualitätskontrollen laufen am Tag ab. "Nur Ware, die am Ende vollständig freigeprüft wurde, verlässt das Werk", sagt Weber.

Dass der Lebensmittelmarkt im stetigen Wandel ist, das macht sich auch bei Thomy bemerkbar. Die Menschen essen viel öfter außer Haus, dafür werden die Mahlzeiten daheim nahezu zelebriert. Daran hat sich auch die Konzernstrategie ausgerichtet. "Wir orientieren uns stärker an den typischen saisonalen Mahlzeiten wie der Spargelsaison, der Grillsaison oder Weihnachten und überlegen, was wir anbieten, um für diese besonderen Momente relevant zu sein", sagt Weber. Der Markt verlangt spezielle Grillsoßen und immer neue Varianten. Darauf muss die Produktion in Neuss eingerichtet werden. "Wir müssen in der Fertigung flexibler sein, die Herausforderung ist, trotzdem hocheffizient zu produzieren", sagt Weber.

Eines aber ist bei Thomy über die ganzen Jahrzehnte nicht verändert: "Bei Mayonnaise und Senf ist die Rezeptur seit Jahrzehnten gleich geblieben", sagt Weber. "Sie hat sich in Blindverkostungen immer wieder durchgesetzt."

(NGZ)
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