Neuss Shakespeare gegen den Rest

Neuss · Will will nicht so recht. Hamlet - ja, das ist sein Stück und seine Rolle. Da steckt Tragik drin, viel Text für ihn, und deswegen kann er gar nicht verstehen, dass seine Mitspieler genervt sind, die Augen rollen, wenn er zu seinen Monologen ansetzt.

 Shakespeare (Christian Bergmann, l.) versteht die Welt nicht mehr: Seine Schauspielertruppe muckt auf.

Shakespeare (Christian Bergmann, l.) versteht die Welt nicht mehr: Seine Schauspielertruppe muckt auf.

Foto: Christoph Krey

Nur rund eineinhalb Spielstunden dauert die erfundene Geschichte, mit der die Bremer Shakespeare Company (BSC) das Festival im Globe bereichert hat. Nicht nur, weil sie einen ganz besonderen Blick auf die Dramen des Dichters wirft, sondern mehr noch, weil sie voller Wort-Witz und Doppeldeutigkeiten steckt, sich damit ganz auf der Linie vor allem der Komödien Shakespeares bewegt.

Das fängt schon damit an, dass Regisseur Christian Bergmann nicht nur den Autor spielt, sondern auch selber einer ist und das Stück "Shakespeare durch die Blume" (zusammen mit Renate Heitmann) für die BSC verfasst hat. Und dann sind da noch seine Schauspieler (mit dem Star Richard Burbage in ihrer Mitte), die Schauspieler spielen und Theater im Theater machen. Sie schlüpfen dabei in Rollen, die aus realen Shakespeare-Stücken stammen oder Anverwandte sind. Wie Puckenious an der Seite von Bergmanns Shakespeare, der ihn anstachelt, foppt - sozusagen als sein persönlicher Narr -, und dessen Name natürlich von Puck aus dem "Sommernachtstraums" abgeleitet ist.

Aber davon weiß dieser Shakespeare noch nichts. Im Augenblick durchkämmt er seine Stücke noch verzweifelt nach Blumen, Bäumen und Kräutern, um den 24-Stunden-Auftrag zu erfüllen. Allein, ihm fällt nichts ein. Soll er doch ein Singstück schreiben? Die Kostproben seiner Schauspieler sagen eindeutig: lieber nicht. Aber sie wollen helfen, also springen Burbage und Co. förmlich in Szenen etwa aus "Romeo und Julia" rein und raus, diskutieren, ob Romeo sich unter einem Berg-Ahorn oder einer Trauerweide versteckt, lassen Hamlets Vater mehrfach mittels des ins Ohr geträufelten Bilsenkrauts sterben und die drei Hexen aus "Macbeth" um ein dampfendes Gebräu tanzen.

Bergmann hat seinen BSC-Kollegen Tobias Dürr, Ulrike Knospe, Markus Seuss (auch Co-Regie), Erika Spalke und Andrea zum Felde die Rollen der Shakespeare-Truppe förmlich auf den Leib geschrieben - sie spielen sie fabelhaft. Mit den jeweils nötigen Quäntchen Dilettantismus, Können, Respekt, Albernheit und Ernsthaftigkeit. Es ist ihr Verdienst und das ihres Autors und Regisseurs, dass "Shakespeare durch die Blume" kurzweilige Unterhaltung mit aktuellen Schlenkern ("We make this Theatre great again") bietet und dennoch Shakespeare und sein Werk nicht im mindesten diskreditiert. Wenn der Elisabethaner als Mensch und Autor den Humor hatte, den seine Komödien ausstrahlen, hätte ihm diese witzige Hommage gefallen. Sehr.

(hbm)
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