Analyse SPD stellt den Schulkompromiss wieder infrage

Neuss · Die SPD will Neuss zur "Sozialen Großstadt" machen. Dazu gehört der Umbau des Schullandschaft in ein Ganztagssystem mit nur noch zwei Säulen. Das Angebot an Gesamtschulplätzen soll ausgeweitet werden, auch wenn das weitere Sekundarschulen ausschließt.

 Die zweigeteilte Gesamtschule an der Erft will die SPD zusammenführen, strebt aber Teilstandorte von Gesamtschulen an, um die Nachfrage zu decken.

Die zweigeteilte Gesamtschule an der Erft will die SPD zusammenführen, strebt aber Teilstandorte von Gesamtschulen an, um die Nachfrage zu decken.

Foto: woi

Wenn die SPD ihrem Kommunalwahlprogramm das Leitbild der "Sozialen Großstadt" voranstellt, ist Bildung einer der Kernbegriffe. Denn weil Bildung immer auch über individuelle Lebensperspektiven, berufliche Möglichkeiten und gesellschaftliche Teilhabe entscheide, sieht der Parteivorsitzende Benno Jakubassa dort eine Schnittstelle zur Sozialpolitik. "Beste Bildung für alle", postulieren die Sozialdemokraten und sind bereit, dafür die Axt an den Stamm der Sekundarschule zu legen und diese Neuheit in Neuss wieder abzuschaffen. Von wegen Schulfrieden: Mit dem SPD-Programm werden die Schulen wieder ein zentrales Wahlkampfthema.

Die SPD hat Gründe, um den Schulkompromiss aufzukündigen, und sie hat klare Vorstellungen von einem Bildungsmodell der Zukunft. In ihrem vernetzten System von Erziehung, Bildung und Betreuung vor Ort ist für das derzeitige mehrgliedrige Halbtagsschulsystem kein Platz mehr. "Wir setzen auf den Umbau der Neusser Schullandschaft in ein Ganztagssystem", heißt es dazu im Programm. Das soll integrativ sein und auf zwei Säulen ruhen: Gymnasium und Gesamtschule/Sekundarschule. Doch die Sekundarschule bleibt ungeliebt.

Weil bei den Anmeldeterminen für das kommende Schuljahr deutlich geworden sei, so die schulpolitische Sprecherin Gisela Hohlmann, dass trotz der gerade erst beschlossenen vierten Gesamtschule wieder über 100 Kinder von Gesamtschulen abgewiesen werden mussten, geht die Entwicklung ihrer Überzeugung nach weiter am Elternwillen vorbei. Deswegen wurde kurz vor der Schlussabstimmung des Wahlprogrammes noch eine — möglicherweise weitreichende — Änderung in das Manuskript hineinredigiert: die Forderung nach einer Ausweitung des Angebotes an Gesamtschulplätzen. Ist das durch Erhöhung der Zahl der Eingangsklassen an den einzelnen Standorten nicht möglich, sollen Teilstandorte mit je zwei Parallelklassen pro Jahrgang etabliert werden. Als Standorte regt die SPD Derikum, Allerheiligen und das Schulzentrum Weberstrae an — dem anvisierten Standort der zweiten Sekundarschule, die erst durch Zuweisungen die erforderliche Schülerzahl zur Gründung erreicht hat.

Vorteil der Teilstandort-Lösung, die die SPD andererseits im Fall der "Gesamtschule an der Erft" endlich überwinden will: Sie lassen sich schnell einrichten und bleiben unter den geforderten vier Eingangsklassen für eine weitere, eine fünfte Gesamtschule. Das könne dazu führen, so der Spitzenkandidat Reiner Breuer, dass die zweite Sekundarschule wieder zugewiesene Schüler verliert und nicht gegründet werden kann oder wieder aufgelöst werden muss. "Dazu", so Breuer, "sind wir in der Konsequenz bereit".

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort