Neuss Handel klein, fein, individuell

Wettbewerb belebt das Geschäft. Der Volksmund bewahrheitet sich auch in Neuss. Während im Rheinparkcenter mit dem neuen Einkaufszentrum ein neuer Mitbewerber den Markt betritt, investieren die Akteure in der Innenstadt kräftig: Ideen, Zeit, Arbeit, Dialogbereitschaft und Geld.

Neuss: Handel klein, fein, individuell
Foto: Berns, Lothar (lber)

Der alteingesessene Metzger, die gut sortierte Weinhandlung, das gemütliche Restaurant – das sind für ihn keine Mitbewerber. Im Gegenteil. Marcus Freistühler (45) wünscht sich mehr inhabergeführte Geschäfte, klein und fein, die durch Individualität überzeugen und Akzente gegen die Uniformität der Mega-Einkaufszentren an der Peripherie setzen. Freistühler passt selbst in sein Anforderungsprofil. Er steht in vierter Generation an der Spitze der Gewürzmühle Engels, die 1919 von seinem Urgroßvater Johannes Engels gegründet wurde. Die Gewürzmühle ist ein Magnet für die Neusser Innenstadt. 50 Prozent seines Umsatzes mache er mit Auswärtigen, verrät Freistühler, „jeder fünfte Kunde reist aus Düsseldorf an“. Damit ist das Familienunternehmen ein Frequenzbringer für die City, so wie ihn sich Christoph Napp-Saarbourg (45) wünscht.

Der Apotheker ist Vorsitzender des neuen Vereins Zukunftsinitiative Innenstadt Neuss (ZIN), der das eigenständige Profil der Stadt Neuss schärfen und möglichst viele Menschen anlocken will. Napp-Saarbourg sieht mit Freude, dass auf dem Hauptstraßenzug und in den Seitenstraßen eine Aufbruchstimmung breitmacht: „Wenn jeder Kaufmann, jeder Gastronom seinen Beitrag leistet, dann ergibt das in der Summe Vielfalt.“ Insbesondere seien Neu- und Krämerstraße aufgeblüht: „Gut so!“Für Napp-Saarbourg ist Neuss als Standort für Einzelhandel und Dienstleistung auf dem richtigen Weg. Das Einkaufszentrum im Rheinpark sei ein Mitbewerber, der unter den Einzelhandelsangeboten seinen legitimen Platz habe: „Wir setzen dagegen Fachgeschäfte, kleinere Einheiten sowie eine Caféund Kneipenkultur.“

Um diesen Trend zu verstärken, wurden unter dem ZIN-Dach vier Quartiere gebildet, in denen – gerade auch mit der Unterstützung der Hauseigentümer – eine Aufwertung erfolgen soll. Neben Quirinus-, Sebastianus- und Klarissenviertel formiert sich unter der Leitung von Armin Badort das Marienviertel, um dort in Neuss die erste Immobilienund Standortgemeinschaft (ISG) an den Start zu bringen.

Ziel dieser Bündelung dieser Kräfte ist es, Konzepte zu erarbeiten und umzusetzen, die Quartiere stabilisieren und aufwerten. Dafür können Landesmittel abgerufen werden, aber auch die Stadt und die privaten Akteure (mindestens 10 Prozent) sind mit im finanziellen Boot.Christoph Napp-Saarbourg verspricht: „Wir investieren.“ Damit meint der ZIN-Chef Geld, aber auch „Ideen, Zeit und Arbeit“. Und natürlich auch Dialogbereitschaft. So seien von mehr als 150 ZIN-Mitgliedern nun „35 bis 40 Prozent Hausund Grundeigentümer“. Diese breite Basis verbessere die Durchschlagskraft. Das sieht auch Nora Timmerbeil (31) so, Geschäftsführerin beim Rheinischen Einzelhandelsverband: „Letztlich wissen alle Akteure, dass sie zum Handeln gezwungen sind“.“

Sie sehe, dass die Neusser Innenstadt nicht nur den Wettbewerb mit den Einkaufscentern aufnehme, „sondern auch mit den benachbarten Städten“. Mit Wohlgefallen verfolgt Thomas Toll (55) diese Entwicklung, die sein ehrenamtliches Engagement überflüssig macht. Nur noch bis zum Jahresende ist er Vorsitzender beim Werbekreis „City Treff“, der sich dann auflöst. Toll begrüßt, dass sich die City-Akteure über den Verein ZIN breiter aufstellen: „Das ist eine Riesenchance für uns alle.“ Rückenwind kommt auch aus dem Rathaus.

Peter Rebig (56), Geschäftsführer bei Neuss Marketing, lobt die Maßnahme. Dabei gehe es nicht unbedingt um den großen Wurf, sondern viele kleine Aktivitäten könnten Neuss sympathisch und einladend positionieren. So werde die Vergütung von Parkgebühren sehr gut angenommen. Rund 90 innerstädtische Geschäfte beteiligen sich laut Rebig bereits – Tendenz steigend; bei Kaufleuten und Kunden.

Auch der dekorative Straßenschmuck zum Schützenfest sei vielen Besuchern positiv aufgefallen und die Planungen für den Herbst und den Advent seien vielversprechend. Beginnend mit dem Martinstag wollen die Geschäfte mit Kerzen und Laternen dafür sorgen, das Neuss ein Licht aufgeht.

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