Neuss Stadt macht unerwartet Millionen-Überschuss

Neuss · Bürgermeister Reiner Breuer und Kämmerer Frank Gensler legen positiven Jahresabschluss 2016 vor. Am Sparkurs wird nicht gerüttelt.

 Bürgermeister Reiner Breuer (Archivbild 2016).

Bürgermeister Reiner Breuer (Archivbild 2016).

Foto: Tinter, Anja

Im Finanzausschuss hatte Kämmerer Frank Gensler gestern Abend gute Nachrichten im Gepäck. Der Jahresabschluss 2016 fällt deutlich besser aus als zunächst erwartet. "Unterm Strich steht ein Plus von drei bis vier Millionen Euro", sagt Gensler. "Noch ist das Ergebnis vorläufig, aber in diesem Rahmen wird es sich bewegen." Es ist ein ziemlicher Sprung: Der letzte Quartalsbericht im Oktober hatte noch ein Defizit von 7,7 Millionen Euro ausgewiesen. Als wesentliche Faktoren für das jetzige Ergebnis nennt der Kämmerer unter anderem Verkaufserlöse - und dass quer durch die Fachbereiche gespart wurde. Bürgermeister Reiner Breuer betonte in einer Gesprächsrunde vor der Finanzausschuss-Sitzung: "Wir haben die eigentlich einmalige Situation, dass fast alle Fachbereiche mit Blick aufs Budget besser abgeschnitten haben als geplant."

Die Botschaft ist klar: Der Bürgermeister betont, dass er sein Haus im Griff hat und Sparen möglich ist. Damit nimmt er die Politik in die Pflicht. Denn das Plus im Jahresabschluss - auch dank der Ausschüttung - kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Stadt ein strukturelles Defizit hat. Daran ändert auch der Jahresabschluss 2016 nichts. "Die Erfahrung aus den vergangenen Jahren zeigt, dass wir zehn Millionen Euro über unsere Verhältnisse leben", sagt Breuer.

Mit Blick auf den Haushalt 2017 wird dieses Etat-Loch durch den Verkauf einer Fläche im Hammfeld an den Investor Krieger (Möbel Höffner) geschlossen. Aber um das Problem dauerhaft in den Griff zu kriegen, soll die Arbeitsgemeinschaft Haushaltskonsolidierung im Herbst Ergebnisse präsentieren. Soziales, Jugend, Sport, Kultur - alle Bereiche stehen auf dem Prüfstand. Schließlich betont Kämmerer Frank Gensler immer wieder, dass die Stadt kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem habe. Und bei den Einnahmen gibt es mit Blick auf die Zukunft durchaus Fragezeichen.

Die Gewerbesteuer - die wichtigste Einnahmequelle der Stadt und naturgemäß schwankend - spülte laut vorläufigem Ergebnis des Jahresabschlusses 2016 lediglich 154,3 Millionen Euro in die Stadtkasse. Kalkuliert wurde mit 172,5 Millionen Euro. Eine solche Ergebnisreduzierung lässt sich laut Gensler auch in anderen Städten wie Düsseldorf oder Meerbusch beobachten. Als "aktuell nicht besorgniserregend" bezeichnet Bürgermeister Reiner Breuer die Entwicklung. Doch es gibt ein großes Aber. Die Stadt hat kaum noch freie Gewerbeflächen im Angebot. Bleibt es bei dem Flächenmangel, stößt der Wirtschaftsstandort Neuss in absehbarer Zukunft an seine Grenzen. Wachstum wird so ausgebremst. "Wir brauchen neue Ansätze, um zusätzliche Potenziale zu erschließen", sagt Breuer. Die Nachfrage sei ungebrochen groß. "Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir nachhaltig die Ertragskraft erhöhen."

Das hatten kürzlich bereits die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein und die CDU-Mittelstandsvereinigung gefordert und Maßnahmen angemahnt. Sie zu finden und umzusetzen, wird eine der zentralen Aufgaben für den neuen Wirtschaftsförderer Andreas Galland sein. Der 50 Jahre alte Jurist, der das Amt bereits als Vorgänger des nach Paderborn gewechselten Frank Wolters bekleidete, betont, um neue Flächen kämpfen zu wollen. "Sonst haben wir bald die Situation, dass sich ein Betrieb vergrößern möchte und aufgrund mangelnder Flächen an einen anderen Standort zieht", warnt Galland. "Und es würde sich die Frage stellen, was wir zum Beispiel auf der Fachmesse Expo Real in Zukunft noch anbieten können."

(NGZ)
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