Neuss Stadt prüft erstes "Urbanes Gebiet"

Neuss · Neue Baugebietskategorie soll Freiraum bei der Stadtentwicklung schaffen.

Bei der künftigen Nutzung des Geländes der ehemaligen Schraubenfabrik Bauer & Schaurte könnte die vom Bundestag beschlossene Novelle des Bauplanungsrechts erstmals in Neuss greifen. Planungsdezernent Christoph Hölters betont zwar, dass er den Änderungen, mit denen das Baurecht an eine EU-Richtlinie angepasst wird, "erst einmal zurückhaltend" gegenübersteht. "Wir müssen prüfen, in welchen Bereichen sich dadurch tatsächlich Chancen ergeben", sagt er. Das Schraubenfabrik-Areal, auf dem in Nachbarschaft zum Hauptbahnhof ein gemischt genutztes Quartier entwickelt werden soll, rücke aber als erste Fläche in der Quirinus-Stadt in den Fokus.

Ein Kernstück der Novelle ist die neue Baugebietskategorie "Urbanes Gebiet". Sie soll den Kommunen mehr Flexibilität bieten, um künftig auch in Gewerbegebieten beziehungsweise stark verdichteten städtischen Gebieten neue Wohnungen zu bauen. Dazu sollen zum Beispiel die Lärmschutzrichtwerte angepasst werden. Die Richtwerte des "Urbanen Gebiets" sollen gegenüber dem Mischgebiet um drei Dezibel erhöht werden. Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) ist von der neuen Kategorie überzeugt. "Wir setzen damit eine Stadtentwicklung in Gang, die auf weniger Flächenverbrauch ausgerichtet ist", erklärte sie.

Planungsdezernent Christoph Hölters steht mit seiner Zurückhaltung jedoch nicht allein. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein sieht mit Blick auf das "Urbane Gebiet" zwar durchaus Chancen, schließlich könnten so im Vergleich zum Mischgebiet mehr Wohnungen und Gewerbeeinheiten pro Quadratmeter geschaffen werden. Allerdings warnt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz mit Blick auf Neuss auch: "Längst nicht alle innerstädtischen Lagen sind für eine vielfältige Nutzung durch Gewerbe, Wohnen und Handel geeignet."

Das neue Baugebiet sei kein Allheilmittel, um Interessenskonflikte zwischen geplanten Wohnnutzungen und bestehenden Gewerbearealen zu lösen. "Vielmehr müssen die Kommunen dafür sorgen, dass bei der Auswahl der in Frage kommenden Gebiete die wirtschaftliche Entwicklung nicht auf der Strecke bleibt", betont Steinmetz. Zudem müssten neben Gewerbelärm auch andere Umwelteinwirkungen wie zum Beispiel Geruchsimmissionen berücksichtigt werden.

(NGZ)
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