Neuss Stadt rutscht ins Minus: 15 Millionen fehlen

Neuss · Der Bericht zur Haushaltslage wirft schon einen Schatten auf die Etatberatungen für das kommende Jahr. Ein unerwartetes Defizit muss ein Dämpfer für alle in der schwarz-grünen Koalition sein, die mit Geld gestalten wollten.

Wer behauptet, Neuss sei eine reiche Stadt, der hat ...
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Kämmerer Frank Gensler schlägt Alarm: Zum Jahresende werden in der Kasse der Stadt voraussichtlich 15,4 Millionen Euro fehlen. Mindestens 8,7 Millionen mehr, als selbst Pessimisten bisher angenommen hatten. "Da musste ich mich erst einmal hinsetzen", berichtet die CDU-Fraktionsvorsitzende Helga Koenemann nach Blick in den Bericht zur Haushaltslage, der der jungen schwarz-grünen Koalition eine echte Bürde auflädt.

"Es ist die Frage, ob die Koalition in den Etatberatungen überhaupt noch Handlungsspielräume hat", kommentiert der SPD-Fraktionsvorsitzende Arno Jansen die Entwicklung, doch Michael Klinkicht als Fraktionschef der Grünen kontert tapfer: "Wir werden uns nicht alles zerreden lassen."

Verbraucherzentrale, "Raum der Kulturen", Schultoiletten-Sanierung, ein neuer Beigeordneter oder eine Fahrradbrücke über den Hafen: Der eigentliche Kitt der neuen Koalition sind etliche Vorhaben, die bares Geld kosten. Vor allem die Grünen wollen dabei schnell zählbare Ergebnisse sehen und drängten darauf, dass diese Beschlüsse nicht unter einem Finanzierungsvorbehalt gefasst werden. "In diese Falle sind wir nicht gegangen", sagte der Grünen-Sprecher Roland Kehl zufrieden. Doch was, wenn der Etat wenig bis gar nichts hergibt?

Mit einem kalkulierten "Fehlbedarf", wie die Stadt freundlich formuliert, von 6,7 Millionen Euro war die Stadt ins Haushaltsjahr 2014 gestartet. Die Lücke blieb offen, weil die vom Bund in Aussicht gestellte Übernahme der Kosten für die so genannte Eingliederungshilfe weiter aussteht. Dieses Minus will die Stadt noch mit einer Rückzahlung des Landes für unrechtmäßig eingezogene Beiträge zum "Aufbau Ost" in Größenordnung von zwölf Millionen Euro ausbügeln, doch ein solcher Glücksfall ist im laufenden Jahr nicht zu erwarten. Im Rathaus hieß es gestern hinter vorgehaltener Hand: "Man kann erkennen, dass das nächste Jahr nichtrosig wird."

Zu dieser Prognose trägt bei, dass ein Defizit in Größenordnung von mindestens 8,7 Millionen Euro ausgeglichen werden muss, das sich erst nach sich Etatverabschiedung ergab. Entstanden ist es auch durch weniger Einnahmen aus der Einkommenssteuer und weil mit dem Haushaltskonsolidierungskonzept 2013 verbundene Privatisierungen im Bereich Grünflächen sowie die Konradbad-Schließung nicht durchzusetzen waren. Die von der SPD kritisierte "Umgliederitis", greift nicht. Jansen: "Der Haushaltsausgleich liegt in weiter Ferne".

Größte Abweichungen von allen Planungen verzeichnete - neben unerwartet hohen Tarifabschlüssen - das Sozialressort: Die Ausgaben bei der Kindertagesbetreuung übersteigen die Einnahmen um 500 000 Euro, und die "Hilfen zur Erziehung", also die Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien und Heimen, kostet 3,1 Millionen Euro mehr als veranschlagt. "Wir können nicht tatenlos zusehen, wie diese Ausgaben immer weiter steigen", betont CDU-Finanzexpertin Elisabeth Heyers. Auch Koenemann will dieses Thema mit Vorrang angehen und darüber mit den Trägern ins Gespräch kommen. "Das wird Zeit in Anspruch nehmen", gibt sie zu.

(NGZ)
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