Neuss Stadtarchiv bringt seine Bestände ins Internet

Neuss · Nach zwei Jahren Arbeit sind die wesentlichen Findbücher digitalisiert und online. Für jegliche Forschung sind sie von überall leicht nutzbar.

 Zwei Jahre Arbeit haben Sandra Gesell, Bernd Rossmüller (l.) und Jens Metzdorf investiert, um die in Papier vorliegenden Findbücher zu digitalisieren.

Zwei Jahre Arbeit haben Sandra Gesell, Bernd Rossmüller (l.) und Jens Metzdorf investiert, um die in Papier vorliegenden Findbücher zu digitalisieren.

Foto: woi

Das Stadtarchiv stößt die virtuelle Tür nach außen noch ein wenig weiter auf. Nachdem schon länger die Bestände dieser Einrichtung so aufgearbeitet sind, dass sie von den Internet-Suchmaschinen erkannt und angezeigt werden, liegen nun auch die wesentlichen Teile der Findbücher digitalisiert vor. Wer sich dieser Arbeit stellt, betont Archivleiter Jens Metzdorf, "kommt in der Forschung vor". Aber für die alleine wurde nicht Zeit und Geld investiert. Selbst für den Vereins- oder Familienforscher, der genauso eingeladen ist, Akten und Urkunden zu nutzen, bietet das neue Angebot breite Recherchemöglichkeiten - ohne dazu in den Lesesaal des Hauses an der Oberstraße kommen zu müssen.

Der Digitalisierungs-Kraftakt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert und eigentlich auch erst ermöglicht. Sie ist die europaweit größte Einrichtung ihrer Art und unterstützt daher längst nicht jeden Antrag. Nur wer in seinen Mauern Wissen hütet, dem eine herausragende Bedeutung für die Forschung zuerkannt wird, darf auf Gelder hoffen. Neuss, das mit seinen bis ins 13. Jahrhundert zurückreichenden Beständen zu den großen rheinischen Kommunalarchiven zählt, gehört dazu. Aktuelle Forschungen etwa der Universität Mainz zur Franzosenzeit im Rheinland oder der Uni Münster zu mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen, für die gerade auch Neusser Unterlagen herangezogen werden, unterstreichen das.

Die Digitalisierung des gesamten Neusser Archives wäre nicht zu bezahlen und auch nicht zu rechtfertigen, sagt Metzdorf, doch schon mit der Digitalisierung der Findbücher tue das Haus einen Riesenschritt nach vorne. Denn sie sind mehr als eine Inventarliste. Weil zu jedem aufgelisteten Aktenstück, jeder Urkunde nicht nur der Anlass der Entstehung vermerkt, sondern auch ihr Inhalt knapp zusammengefasst ist, können nach Metzdorfs Überzeugung die allermeisten Informationen - zitierfähig - schon aus diesem Regest gezogen werden. Nur wer es ganz genau wissen oder die Unterlage im Original lesen will, muss ins Archiv kommen.

Die digitalen Findbücher erschließen den Nutzern mit insgesamt mehr als 8000 Verzeichnungseinheiten Unterlagen aus der Zeit vor 1800, als die Stadt als Handelsplatz, aber auch als Hauptstadt des kurkölnischen Niederstifts europaweite Verbindungen pflegte. Außerdem wurden die - derzeit besonders gefragten - Akten der französischen Verwaltung (1794-1814) digitalisiert, sowie der umfangreiche Nachlass des ehemaligen Stadtarchivars Joseph Lange. Dieser ergänzt die städtische Überlieferung des 20. Jahrhunderts und erlaubt über die reinen Verwaltungsakten hinaus einen Blick auf die lokale Wirtschafts- und Kirchengeschichte. Letztere ist so gut aufgearbeitet, dass Metzdorf überzeugt ist: "Bei uns kann man finden, was in keinem Pfarrarchiv zu finden ist."

Im Vorjahr, als die Projektdaten erst teilweise online verfügbar waren, registrierte das Archiv schon mehr als 25 000 Internetzugriffe. Jetzt, so gibt Metzdorf zu, warte er gespannt, wie sich die Anfragen entwickeln.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort