Neuss Stadtarchiv zeigt Neuss im I. Weltkrieg

Neuss · Eine Ausstellung mit noch nie zuvor gezeigten Exponaten ist im Stadtarchiv zu sehen. Neben städtischen Dokumenten sind über achtzig Stücke von Privatpersonen dabei, die einen tiefen Einblick in die Geschichte der Stadt gewähren.

 Ein Lazarett im Gesellenhaus an der Sternstraße. Krankenhäuser dieser Art waren im Ersten Weltkrieg überall in der Stadt zu finden.

Ein Lazarett im Gesellenhaus an der Sternstraße. Krankenhäuser dieser Art waren im Ersten Weltkrieg überall in der Stadt zu finden.

Foto: Stadtarchiv Neuss

Postkarten, Zeitungs-Sonderausgaben, Tagebücher und etliche weitere Zeugen des Ersten Weltkrieges füllen die Räume des Neusser Stadtarchives. "Gottvertrauen und Gehorsam. Neuss im Ersten Weltkrieg" heißt die Ausstellung, die sich damit auseinandersetzt, wie Neuss diesen Krieg wahrgenommen hat. "Es ist eine einmalige Ausstellung, denn bisher gab es nichts zum Ersten Weltkrieg in Neuss", sagt Jens Metzdorf, Leiter des Stadtarchivs. "Aber es war klar, dass wir uns dieses Themas in diesem Jahr annehmen wollten und auch mussten", fügt er hinzu. Gleichzeitig sei es ein enormer Kraftakt gewesen, die Ausstellung zu erstellen. Die 180 Gäste, die zur Eröffnung am Donnerstagabend gekommen waren, dankten es dem Team um Metzdorf.

Um eine derart detaillierte Ausstellung zusammenstellen zu können, mussten unzählige Weltkriegsüberlieferungen verzeichnet und geordnet werden. "Wir decken da vor allem die öffentlichen Quellen ab. Wir wollten aber auch den Weltkrieg aus Sicht der Familien, Vereine, einfach aus Sicht der Menschen, präsentieren", sagt Metzdorf. Deshalb hat das Stadtarchiv in Verbindung mit unserer Zeitung dazu aufgerufen, Erinnerungsstücke aus privaten Haushalten mit in die Ausstellung einfließen zu lassen. Die Resonanz war enorm. "Über 80 Rückmeldungen haben wir bekommen. Das war die beste Resonanz, die wir je zu einem Thema hatten." Und das, obwohl über den Ersten Weltkrieg lange geschwiegen wurde. "Die meisten, die in 'Gottvertrauen und Gehorsam' in den Krieg gezogen waren, sind an seinem Ende physisch oder psychisch gezeichnet und schweigen über das schier Unaussprechliche, das sie an der Front und im Lazarett erlebt haben", erklärt Metzdorf. Die Tatsache, dass kurz nach dem Krieg Stimmen laut nach Revanche riefen, führte das Land in die nächste Katastrophe. "Der Zweite Weltkrieg hat den Ersten quasi verdeckt", sagt Metzdorf. Lange wurde geschwiegen über den Krieg, dessen Hauptmerkmal der fürchterliche, todbringende Lärm war. "Diesem Lärm steht das Schweigen gegenüber", fasst der Archivar zusammen. Doch nun, 100 Jahre nach Beginn des Krieges, ist das Schweigen gebrochen, und die Ausstellung gibt einen tiefen Einblick in das Leben und das Leid der damaligen Zeit. Gegliedert ist sie in vier verschiedene Themenbereiche.

Der erste Bereich, "Neuss 1900 bis 1918", zeigt, wie die Stadt damals ausgesehen hat. "Eigentlich befand sie sich im Aufwind, zahlreiche Gebäude wie das Lukaskrankenhaus und die Hafenanlage wurden gebaut. Doch mit dem Krieg kam alles zum Erliegen. Im zweiten Bereich, "Heimatfront", ist das Leben im Krieg und im Mangel gezeichnet. Zu sehen ist auch das Vereins-und Schulleben der damaligen Zeit. Große Informationstafeln werden abgelöst von alten Dokumenten und Erinnerungsstücken. In Bereich drei, "Soldatenleben", bekommt man eine Vorstellung davon, wie die Soldaten an der Front lebten. Das Tagebuch eines 19-jährigen Jungen ist besonders berührend. Er beschreibt die Tage, die er bis zu seinem Tod verlebte. Die letzte Station der Ausstellung widmet sich der Propaganda.

(NGZ)
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