Neuss Stadtwerke: Bestechlich trotz Top-Gehalt?

Neuss · Im Korruptionsverdachtsfall bei den Stadtwerken konzentrieren sich die Ermittlungen auf den Vorsitzenden der Geschäftsführung. Die Staatsanwalt glaubt, dass die Auswertung der beschlagnahmten Dokumente Monate dauert.

 Am Dienstag hat die Polizei Büros der Stadtwerke Neuss durchsucht.

Am Dienstag hat die Polizei Büros der Stadtwerke Neuss durchsucht.

Foto: Stadtwerke Neuss

Ein stattliches Gehalt ist die beste Maßnahme zur Korruptionsvorbeugung. Das hatten bisher auch einige Mitglieder des Stadtwerke-Aufsichtsrates gedacht, die deshalb mehr als überrascht waren, dass am Dienstag Polizei und Staatsanwaltschaft vor der Tür der Stadtwerke standen, weil sie einen Korruptionsverdacht aufklären wollten.

 Stimmen die Strukturen noch? Der Konzern Stadtwerke im Überblick.

Stimmen die Strukturen noch? Der Konzern Stadtwerke im Überblick.

Foto: Stadtwerke Neuss

Der richtet sich — wie aus internen Kreisen bekannt wurde — gegen den Vorsitzenden der Geschäftsführung, Heinz Runde. Den Mann, bei dessen Gehalt "die Bundeskanzlerin erstaunt die Augenbrauen hochziehen würde", wie es hinter vorgehaltener Hand heißt, und dem der Aufsichtsrat vor gar nicht langer Zeit eine Bonuszahlung in sechsstelliger Höhe zuerkannt hatte.

Der Beschuldigte äußert sich zu dem Sachverhalt nicht, und auch das Unternehmen selbst beließ es gestern bei einer achtzeiligen Erklärung. Darin wird die Durchsuchung bestätigt und betont, dass "alle auf Seiten der Stadt Beteiligten" die Ermittlungen unterstützen und die Aufklärung auch künftig vorantreiben wollen, "bis sich die anonymen Vorwürfe aufgeklärt haben". Auch intern blieb die Unternehmensleitung einsilbig. Statt der angekündigten Mitarbeiterinformation im Intranet, von der ein eingeschalteter Anwalt dringend abriet, gab es noch am Dienstag eine Rundmail. Eine dringende Bitte darin: Bei Medienanfragen Zurückhaltung üben.

Bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal, in Korruptionsfällen die federführende Behörde,war auch gestern noch von einem Anfangsverdacht die Rede. "Die Auswertung der sichergestellten Akten und Computerdateien wird voraussichtlich ein paar Monate dauern", mahnt Oberstaatsanwalt Wolf-Tilmann Baumert zur Geduld. Sein Haus hatte am Dienstag eine Razzia angesetzt, bei der 16 Objekte in Neuss und Umgebung durchsucht worden waren, nachdem bei der Justiz ein anonymes, aber sehr detailliertes Schreiben eingegangen war.

So detailliert, dass man nicht nur bei den Stadtwerken an einen internen Informanten glaubt. "Die Sache kann sich am Ende als reiner Racheakt darstellen", betont Aufsichtsratsmitglied Thomas Kracke (CDU) mit Nachdruck. Untersucht wird die Frage, ob Runde als Geschäftsführer Aufträge vergeben hat und sich im Gegenzug Vorteile gewähren ließ. In diesem Zusammenhang wurden auch Wohn- und Geschäftsräume von Tiefbauunternehmen in Holzheim und Düsseldorf durchsucht und die einer Neusser Werbeagentur. Insgesamt wird gegen sieben weitere Personen ermittelt. Von den Betroffenen, die die NGZ erreichen konnte, wollte niemand zu den Vorgängen Stellung nehmen.

Bis Dienstag habe es "nie einen Anlass gegeben, irgendeinen Verdacht zu hegen", erklärt Aufsichtsratsmitglied Roland Kehl (Grüne). Auch Michael Hohlmann (SPD) betont, dass die Wirtschaftsprüfer die Jahresbilanzen zuletzt alle ohne Beanstandungen testiert hätten. Dass es bei den großen Aufträgen — etwa bei der Gasbeschaffung — zu Ungereimtheiten gekommen ist, schließt er aus.

"Wir haben darauf gedrängt, dass die Stadtwerke nicht immer beim gleichen Anbieter einkaufen, sondern ausschreiben oder über die Börse gehen", sagt er. Und Jörg Geerlings (CDU) fügt hinzu: Über solche Geschäfte werde im Aufsichtsrat kontinuierlich berichtet.

Am Freitag will der Bürgermeister den Hauptausschuss als Gesellschafterversammlung informieren. Viel erwartet Heinrich Köppen (FDP) nicht von dieser Sitzung. "Ich hoffe nur, dass der etwaige Schaden für die Stadt nicht zu groß ist."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort