Neuss Sturmschäden schwerer als bei "Kyrill"

Neuss · Auch am Tag nach dem schweren Unwetter mussten die Einsatzkräfte von Feuerwehr, Stadt und Technischem Hilfswerk zu hunderten Einsätzen ausrücken. 22 Menschen wurden bei dem Sturm verletzt. Der Schaden ist immens.

Neuss: Das große Aufräumen nach dem Sturm
20 Bilder

Neuss: Das große Aufräumen nach dem Sturm

20 Bilder
Foto: Woitschützke, Andreas

Auch am Tag nach dem schweren Unwetter mussten Polizei und Feuerwehr gestern zu hunderten Einsätzen ausrücken. Besonders betroffen von den Sturmschäden sind die Innenstadt und die Furth.

"Fast überall, wo Bäume stehen, ist etwas abgeknickt oder abgerissen", berichtet Einsatzleiter Joachim Elblinger. "So etwas habe ich noch nicht erlebt. Das übertrifft sogar den Sturm Kyrill." Insgesamt wurden 22 Menschen verletzt. Die Polizei meldet sieben Schwerverletzte. Feuerwehr und Lukaskrankenhaus bestätigen dies jedoch nicht. Allein zwischen Montag, 20 Uhr, und Dienstag, 2 Uhr, zählten die Helfer 327 Einsätze im Rhein-Kreis. "Die Unwetterwarnungen rissen gar nicht ab", sagt der Einsatzleiter. "Gerade, als wir dabei waren, die Schäden von der ersten Unwetterfront von 21 Uhr zu beseitigen, kam am frühen Morgen schon das nächste Unwetter."

Pfingstmontag: Unwetter wütet in Neuss und Kaarst
50 Bilder

Pfingstmontag: Unwetter wütet in Neuss und Kaarst

50 Bilder
Foto: Frank Kirschstein

Von den Sturmschäden sind auch die Schulen betroffen. Alle öffentlichen Schulen sowie das Gymnasium Marienberg sind heute geschlossen, auch das Berufskolleg Weingartstraße bleibt zu. "Wir wollen weder Kinder noch Lehrer gefährden", sagt Stadtsprecher Michael Kloppenburg. Auch warnt die Stadt vor Spaziergängen durch Parkanlagen - denn es besteht Lebensgefahr. Das Grünflächenamt konnte die Zahl der gefallenen Bäume und die Höhe des entstandenen Schadens gestern noch nicht bemessen. Der Südpark ist gesperrt. "Die Kollegen sind pausenlos im Einsatz", sagt Kloppenburg. Die Aufräumarbeiten der akuten Gefahrenstellen würden rund zwei Wochen dauern, die Beseitigung des Gesamtschadens wahrscheinlich mehrere Monate.

Neuss: Unwetter beschädigt Schützenzelte
11 Bilder

Neuss: Unwetter beschädigt Schützenzelte

11 Bilder
Foto: Alina Groll

Erschwert wurden die Beseitigung der Schäden gestern durch massive Staus auf dem Stadtgebiet, weil viele der entwurzelten Bäume auf Fahrbahnen gefallen waren. Mehrere Straßen wurden zeitweise gesperrt, darunter die Drususallee und die Kaiser-Friedrich-Straße. Insbesondere die Sperrung der Stresemannallee, auf der zahlreiche Bäume kontrolliert werden mussten, trug zu dem Verkehrskollaps bei. Die Stadt musste die Bürger sogar bitten, die City zu meiden - die Helfer hatten Schwierigkeiten, die Einsatzstellen anzufahren.

Viele Neusser spürten auch gestern in den eigenen vier Wänden die Auswirkungen des Sturms - einige Haushalte waren bis in die Abendstunden von Stromausfällen betroffen. Verursacht wurden diese Ausfälle von beschädigten Oberleitungen, die unter anderem auf der Düsseldorfer Straße und am Obertor auf die Fahrbahn stürzten. "Vor allem die Innenstadt und der Stadtteil Norf waren betroffen", sagt Stadtwerke-Sprecherin Alexandra Hartig. Bis zum Nachmittag sei aber wieder eine Versorgungsquote von 96 Prozent auf Neusser Stadtgebiet erreicht worden. "Ein Großteil unserer Leitungen liegt im Boden. Sie sind daher vom Sturm nicht betroffen", erläutert Hartig.

Die Stadtwerke-Busse mussten wegen Straßensperrungen zum Teil umgeleitet werden und können auch heute einzelne Haltestellen nicht bedienen. "Wir bemühen uns, den Fahrbetrieb den Umständen entsprechend so gut wie möglich zu gewährleisten", sagte Uwe Koppelmann, Betriebsleiter Nahverkehr bei den Stadtwerken. Dennoch habe man gestern bis zur letzten Fahrt mit Störungen gerechnet.

Die drei Neusser Bäder - Nordbad, Südbad und Stadtbad - sowie die Saunaanlage Wellneuss konnten regulär öffnen. Wegen Aufräumarbeiten waren im Nordbad lediglich die Liegewiese sowie ein Teil des Parkplatzes gesperrt. Im Südbad waren Liegewiese und Springerbecken im Außenbereich gesperrt.

Im Lukaskrankenhaus löste sich eine mehrere Meter hohe Blechverkleidung eines Aufzugsschachtes und schlug in das Flachdach über zwei Patientenzimmern ein. Ein Patient erlitt eine Platzwunde. Beide Zimmer wurden geräumt, teilt Sprecher Andreas Krämer mit.

Entwarnung gab es gestern nach einem Notfall, bei dem zunächst davon ausgegangen worden war, dass sich Menschen auf der Ölgangsinsel in Lebensgefahr befanden. Rettungskräfte waren dort von Rheinschiffern alarmiert worden und konnten zwei unterkühlte Personen retten. Auf der Insel soll ein Blitz eingeschlagen sein. Die beiden Personen seien aber nicht getroffen worden, teilt die Feuerwehr mit.

Die Wehr war in der Nacht zu Dienstag mit allen zehn Löschzügen im Einsatz gewesen. Per "Vollalarm" waren rund 200 Kräfte alarmiert worden. Wie in Düsseldorf war der Notruf zeitweise nicht zu erreichen. Gestern waren neben der Feuerwehr, den städtischen Ämtern und den Versorgungsunternehmen auch das Technische Hilfswerk im Einsatz. Der Hilfsdienst schickte unter anderem Helfer aus Hückelhoven und Kempen nach Neuss.

Mit Aufräumarbeiten waren gestern auch die Landwirte beschäftigt, denn das Unwetter hatte das Getreide auf den Feldern umgeworfen. "Ob es sich wieder aufrichtet, ist schwer zu sagen", sagt Wolfgang Wappenschmidt, Vorsitzender der Kreisbauernschaft. Der Sturm bedeute eine Ertragsminderung für die Landwirte. "In welchem Ausmaß, ist noch nicht abzuschätzen.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort