Neuss Theaterstück über Macht und Widerstand im RLT

Neuss · Morgen Abend hat "Corpus Delicti" von Juli Zeh in der Inszenierung von Bettina Jahnke im Landestheater Premiere.

 Regisseurin Bettina Jahnke (l.) bei einer Probe mit den Schauspielern Linda Riebau und Andreas Spaniol.

Regisseurin Bettina Jahnke (l.) bei einer Probe mit den Schauspielern Linda Riebau und Andreas Spaniol.

Foto: F. Orbons

Die Geschichte spielt in der Zukunft, aber in der Inszenierung von Bettina Jahnke wird man davon wenig merken. Sagt sie. Die RLT-Intendantin und Regisseurin eröffnet mit "Corpus Delicti" von Juli Zeh am kommenden Samstag die neue Spielzeit, hat sich für das Stück entschieden, weil es für sie einen permanenten Konflikt spiegelt: "Wenn die Macht sich angegriffen fühlt, schlägt sie zurück." Das sei auch im Fall von Mia so, die 2057 in einer Gesundheitsdiktatur lebt und sich nach dem Tod des Bruders Moritz der herrschenden "Methode", sprich: der umfassenden Kontrolle über ein verordnetes gesundes Leben, entzieht. Sie will leben wie ihr Bruder, rauchen, trinken und lieben, wie es ihr/ihm gefällt und wird darüber zu einer Symbolfigur des Widerstandes. "Als ich mich für das Stück entschied, war das weniger aus tagesaktuellen Gründen", sagt Jahnke nachdenklich, "es erinnerte mich damals aber an das Leben in der ehemaligen DDR." Inzwischen hätte der Türkei-Konflikt das Stück wieder brandaktuell gemacht.

Aus dem oft ausufernden Text von Juli Zeh hat Jahnke zusammen mit ihrer Dramaturgin Alexandra Engelmann "eine sehr schlanke, moderne, RLT-typische Stückfassung" gemacht. Denn eines sei Juli Zeh nicht: eine Stückeschreiberin, sagt Jahnke lachend. Zeh ist Romanautorin, hat "Corpus Delicti" auch zu einem solchen weiterverarbeitet. In diesem Fall also war die Theaterfassung vor dem Roman da - und nicht umgekehrt wie sonst.

Ganze Szenen habe sie gestrichen, sagt Jahnke, das Personal auf die sieben wichtigsten Figuren konzentriert und deren Sprache so reduziert, dass sie nicht mehr wie bei Zeh für Theorien stehen, sondern zu sinnlichen Menschen werden, deren Denken und Fühlen nachvollziehbar wird. Dass sie in einer Zukunftsgesellschaft agieren, ist für Jahnke weniger wichtig, werde daher im Bühnenbild von Juan León auch keine Rolle spielen. Aber sie setzt auf Videos, die ihr von Ludwig Kuckartz aus Köln gemacht wurden. "Er war bei jeder Probe dabei und hat mit seiner Arbeit so etwas wie einen achten Schauspieler geschaffen", sagt Jahnke. Die aus Fleisch und Blut sind Linda Riebau als Mia, Josiah Krug, Johanna Freyja Iacono-Sembritzki, Karin Moog, Andreas Spaniol, Rainer Scharenberg und Richard Lingscheidt.

Info Oberstraße 95, Premiere morgen, 20 Uhr, Karten unter 02131 269933

(hbm)
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