Neuss Traditionsbäcker schließt nach 50 Jahren

Neuss · Ende Oktober wird Erich Lentzen nach mehr als einem halben Jahrhundert in Rente gehen. Weil es immer schwieriger wird, junge Menschen für das Bäckerhandwerk zu begeistern, hat er gar nicht erst nach einem Nachfolger gesucht.

Etwas versteckt im Neusser Norden liegt die Bäckerei Erich Lentzen. Beim Betreten steigt direkt ein angenehmer Geruch von frischen Teigwaren in die Nase. Viele verschiedene Teilchen liegen hinter der Theke aus. Doch bald wird das, zumindest im Hexfeld, vorbei sein, denn am 29. Oktober geht Bäcker Erich Lentzen in Rente. Ein bisschen Trauer ist beim 65-Jährigen schon zu spüren. "Momentan überwiegt zwar noch die Freude, weil ich seit ein paar Monaten ohne Gesellen arbeiten muss, aber in ein paar Wochen wird die Wehmut mit Sicherheit kommen", sagt Lentzen.

Die ehemaligen Angestellten hat er rechtzeitig informiert und arbeitet jetzt nur noch mit seiner Frau Anita und einer Aushilfe. "Mein letzter Geselle war 28 Jahre im Betrieb, er und die weiteren Stamm-Mitarbeiter sind aber schon einige Zeit weg. Deshalb war es in den vergangenen Monaten noch etwas härter als sonst."

Seit mehr als 50 Jahren arbeitet Erich Lentzen inzwischen in seinem Beruf. Schon im frühen Alter hat er gewusst, dass er das Familienunternehmen vom Vater weiterführen möchte. "Durch meinen Vater habe ich den Beruf schon in jungen Jahren lieben gelernt. Er hat die Bäckerei 1952 gegründet - und seit ich 14 bin habe ich hier gearbeitet. Mein Bruder und meine Schwester wurden ebenfalls davon beeinflusst. Eine echte Bäckerfamilie eben", sagt der Bäckermeister.

In der langen Zeit hat er besonders die Abwechslung an dem Beruf lieben gelernt. "Der Job ist sehr vielseitig, jeden Tag erlebt man was anderes und lernt nette Kunden kennen." Deshalb findet es der Bäcker auch sehr schade, dass immer weniger junge Leute den Beruf erlernen wollen, kann es aber nachvollziehen. Aus diesem Grund hat Lentzen den Gedanken an einen Nachfolger auch schnell abgehakt. Zu schwer sei es, der heutigen Generation den Bäckerbetrieb schmackhaft zu machen. Besonders dank der ungewöhnlichen Arbeitszeiten. "Als ich damals Bäcker wurde, herrschte noch ein Nachtbackverbot, aber inzwischen fange ich jeden Morgen um 1 Uhr an." Außerdem sei das Bäckerhandwerk anstrengend und die Konkurrenz durch viele Discounter immer härter geworden. "Jeden Tag schließt in Deutschland eine Bäckerei zu. Um noch einen klassischen Betrieb zu führen, muss man sich etwas einfallen lassen. Für junge Leute ist das unattraktiv", sagt Lentzen. Weiterhin seien auch die laufenden Kosten ein nicht zu unterschätzendes Problem. "Um meinen Laden zu übernehmen, müsste erst einmal hinein investiert werden, und wenn kurz danach mal eine Maschine kaputt geht, ist das Geld schnell ein Faktor. Viele wollen das nicht riskieren."

Auch wenn Ende Oktober Schluss ist, blickt Erich Lentzen auf eine schöne Zeit und viele ehemalige Kollegen zurück: "Ein großes Dankeschön gilt meinen treuen Kunden und meinen ehemaligen Mitarbeitern, ohne die unser Betrieb nicht solange überlebt hätte. Jetzt werde ich mein Leben mit der Familie genießen."

Und sollte mal bei einem Bäckerkollegen Not am Mann sein, hilft der 65-Jährige auch gerne noch einmal aus.

(NGZ)
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