Neuss/Kaarst Vier Tote bei Familiendramen

Neuss/Kaarst · Dienstag wurden innerhalb weniger Stunden zwei Familientragödien in den Nachbarstädten Neuss und Kaarst bekannt. Die Polizei sieht über die vier Opfer hinaus keine Tatbeteiligten und schließt in beiden Fällen eine Straftat nahezu aus.

Neuss: Polizei findet Vater und Tochter tot in der Wohnung
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Vater und Tochter tot in Neusser Wohnung gefunden

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Innerhalb von gerade einmal zwölf Stunden und nur wenige Kilometer voneinander entfernt haben sich in Neuss und Kaarst zwei Familiendramen ereignet. In beiden Fällen kamen hinter verschlossenen Wohnungstüren jeweils zwei Menschen zu Tode, in beiden Fällen schließen Polizei und Staatsanwaltschaft derzeit eine Straftat aus. Doch ansonsten sind die Fälle kaum vergleichbar.

In Kaarst hat sich eine Familientragödie ereignet, bei der es sich um einen so genannten erweiterten Suizid handeln könnte. Ein Senior soll gegen 7 Uhr erst seine pflegebedürftige und an Multipler Sklerose erkrankte Ehefrau und danach sich selbst getötet haben. Der Mann hatte bei einem Angehörigen per SMS seinen Freitod angekündigt, der daraufhin umgehend die Rettungsdienste verständigte. Diese kamen zu spät zu der Doppelhaushälfte. Weil auf Klingeln und Klopfen keine Reaktion aus dem Haus erfolgte, schlugen Polizeibeamte eine Fensterscheibe im Erdgeschoss ein und verschafften sich so Zugang.

Zur Todesart selbst machten Polizei und Staatsanwalt keine Angaben. Weil Hinweise auf weitere Tatbeteiligte fehlen, gehen sie davon aus, dass der Mann seine Ehefrau und danach sich selbst getötet hat. Zur Klärung der Tatumstände hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf eine Obduktion beantragt.

Zur Lebenssituation ist bislang bekannt, dass die Seniorin seit langem schwer erkrankt war und von ihrem Ehemann gepflegt wurde. Das bestätigten Nachbarn, die das Paar seit langem kennen. Demnach litt die Frau seit Jahren an Multipler Sklerose, einer chronisch-entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems, die zu Muskelschwäche und Lähmungen führen kann. Seit Jahren war die Frau auf einen Rollstuhl angewiesen. Das Paar, das zwei erwachsene Kinder hat, war bei Nachbarn beliebt, lebte jedoch zurückgezogen. Kontakte bestanden zwar, waren aber zuletzt seltener geworden.

 Die Wohnung des Ehepaares in Vorst.

Die Wohnung des Ehepaares in Vorst.

Foto: Tinter, Anja

Bei den zwei am Montagabend in einem Haus in Neuss entdeckten Leichen spricht die Polizei von einem "tragischen Familienschicksal". Eine 63-jährige Neusserin, die seit einem Jahr im Ruhestand war und ihren 94 Jahre alten Vater in der gemeinsamen Wohnung pflegte, war offensichtlich gestorben. Zuletzt war sie am Sonntag vor acht Tagen lebend gesehen worden. Der Senior, der nach Angaben der unmittelbaren Nachbarn alleine nicht einmal aus dem Bett aufstehen konnte, blieb hilflos zurück - und starb ebenfalls. So zumindest könnte es gewesen sein. Offiziell bestätigt wird die Version nicht. Staatsanwalt Christoph Kumpa räumt nur ein, dass Vater und Tochter "krankheitsbedingt" verstorben seien und deshalb auf eine Obduktion verzichtet werde. Die Wohnung in einem Elf-Parteien-Haus einer Wohnungsbaugenossenschaft wurde bereits gestern wieder freigegeben.

Die Nachbarn in dem Wohnhaus blieben geschockt zurück. Nach mehrfachen erfolglosen Versuchen, mit Vater und Tochter in der Dachgeschosswohnung Kontakt aufzunehmen, hatten sie am Dienstag erst einige Krankenhäuser abtelefoniert. "Wir dachten, die Frau wäre im Krankenhaus und hätte ihren Vater in Obhut einer Kurzzeitpflege gegeben", sagt ein Nachbar. Das hatte es schon einmal gegeben, in ein Pflegeheim selbst habe der Vater nicht gewollt.

Doch als diese Anrufe kein Ergebnis brachten, wurde erst der Vermieter hinzugezogen, der schließlich Polizei und Rettungsdienste alarmierte.

(RP)
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